Etwa 700.000 Menschen sterben jedes Jahr an Infektionen mit Bakterien, gegen die Antibiotika nicht mehr wirken. Antibiotikaresistenz breitet sich immer weiter aus und wird zum globalen Gesundheitsproblem. Einige Forscher und immer mehr Patienten setzen ihre Hoffnung nun auf eine alte Idee: Die Bekämpfung von Bakterien mit Bakteriophagen – Viren, die Bakterien infizieren.

Der Anblick von Michael Snidecors linkem Oberschenkel ist nichts für schwache Nerven. Das halbe Bein ist eine einzige offene, teils eiternde Wunde – ein Andenken an den Vietnamkrieg, in dem Snidecor von der Explosion einer Rakete erwischt wurde. Die Wunde heilte zwar zunächst, doch waren Bakterien ins Knochenmark gelangt: Osteomyelitis.

Seit fast 50 Jahren leidet der in Michigan geborene Israeli an seiner alten Kriegsverletzung. Fast wäre er daran gestorben. Auf dem Höhepunkt der Erkrankung habe der Keim auch das Rückenmark infiziert und eine Lähmung verursacht. „Ich habe rund um die Uhr intravenös Antibiotika bekommen. Trotzdem musste ich zusehen, wie die Lähmung Zentimeter für Zentimeter voranschritt“, sagt Snidecor.

In seiner Verzweiflung griff der promovierte Psychologie und Experte für Schmerztherapie zu einer alten Methode der Roten Armee während des Zweiten Weltkriegs: Er injizierte sich einen Cocktail von Bakteriophagen („Bakterienfresser“), Viren, die nicht Köperzellen, sondern Bakterien infizieren, in die Blutbahn. Die Lähmung verschwand, Snidecor war gerettet – fürs Erste. Ganz besiegen konnte er die Infektion nicht. Heute, viele Jahre später, sitzt er in einer kleinen Klinik im georgischen Tiflis, um seine Wunde erneut mit Phagen behandeln zu lassen…

 

Die komplette Multimedia-Reportage mit Berichten über die Phagenforschung in Deutschland, präklinische und klinische Studien, den Einsatz von Phagen in der Tiermedizin und die Behandlung von Menschen in Georgien finden Sie auf der Internetseite der Braunschweiger Zeitung: http://mmstory.bzv-service.de/wordpress/bakteriophagen-wenn-viren-infektionen-bekaempfen/

Das Projekt ist Teil der „Masterclass Wissenschaftsjournalismus“ der Robert-Bosch-Stiftung und des Reporterforums.

Während des Phagenprojekts stets dabei: Maskottchen T4-Plüschphage „Phagomir Phagaschwili“. Foto: Johannes Kaufmann