Der BUND warnt vor Nervengift in Spargel. Tatsächlich sollte man vorsichtig mit dem Gemüse sein. Wegen möglicher Pestizidreste sollte man keinesfalls mehr als acht Kilo auf einmal davon essen.

Rechtzeitig zum Beginn der Spargel-Saison schlug der BUND Alarm: „Mehr Nervengift in Spargel“. Perfektes Timing (wie schon beim Spargel-Vorstoß der Grünen), knackiges Reizwort „Nervengift“. Wer wird da nicht hellhörig? So mancher fragt sich nun vor dem Einkauf für die Ostertage womöglich: Hole ich mir etwa den weißen Tod in Stangen auf den Feiertagsteller?

Grund für die rituelle Empörung der Umweltschützer ist die Anhebung der Grenzwerte für Acetamiprid in verschiedenen Lebensmitteln, darunter Spargel, durch die EU-Kommission. Acetamiprid ist ein Insektizid aus der Gruppe der Neonicotinoide.

Die sind vor einigen Jahren in Verruf geraten, weil sie in begründetem Verdacht stehen, Bienen zu schaden. 2013 wurden daher viele Anwendungen der Pestizide verboten. Darauf weist auch der BUND in seiner Meldung hin. Warum also lautet die Überschrift nicht „Bienenkiller in Spargel“?

Das ist wohl weniger Skrupeln gegenüber übertriebener Wortwahl geschuldet als der Tatsache, dass Spargelpflanzen im Sommer blühen, das Gemüse aber bereits im Frühjahr geerntet wird. Die Gefahr, dass eine Biene sich auf ein mit Acetamiprid behandeltes Spargelfeld verirrt, ist ziemlich gering. Das ist im Übrigen auch der Grund, warum das Mittel im Spargelanbau weiterhin erlaubt ist. Bienengefährliche Pflanzenschutzmittel dürfen „nicht auf blühende Pflanzen oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden“, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) klarstellt.

Die Bienen taugen also nicht für die Überschrift, deswegen wohl das Nervengift. Wie giftig ist aber nun das Gift? Der BUND weist darauf hin, dass der Grenzwert für Acetamiprid in Spargel um 7900 Prozent (!) erhöht wurde. In Sinnvoll heißt das: von 0,01 Milligramm pro Kilogramm Spargel auf 0,8 mg/kg. Die Toxizität von Stoffen wird üblicherweise an Ratten getestet. Die Konzentration, bei der die Hälfte aller Ratten stirbt, nennt man LD50. Die beträgt bei Acetamiprid 146 mg pro Kilogramm Körpergewicht.

Davon ausgehend werden Grenzwerte für unbedenkliche Dosen ermittelt. Beim Acetamiprid ist die erlaubte Tagesdosis, bei der bei lebenslanger Einnahme keine gesundheitliche Gefahr besteht, 0,07 mg pro kg Körpergewicht. Nach der skandalösen Anhebung der Spargelgrenzwerte müsste also ein 70 kg schwerer Erwachsener lediglich jeden Tag seines Lebens etwas mehr als sechs Kilo Spargel essen, um in die Nähe dieser garantierten Unbedenklichkeit zu gelangen. Die akute Referenzdosis für eine einzige Mahlzeit ohne Gesundheitsrisiko beträgt 0,1 mg/kg. Wer also ganz sichergehen will, sollte zum Osterfest höchstens achteinhalb Kilo Spargel verspeisen.

Übrigens enthalten solche toxikologischen Grenzwerte immer einen Sicherheitsfaktor. Der beträgt in diesem Fall 100. Bei 600 Kilo Spargel am Tag könnte es also langsam gefährlich werden.