Laut einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf verstößt das Label „Detox“ auf Tees gegen die europäische Health-Claims-Verordnung. Die Hersteller versuchen, den Werbebegriff durch komplette Sinnentleerung zu retten.

Dass Detox (oder Entschlackung oder Entgiftung) esoterischer Unsinn ist, wurde in einer früheren Mythenjagd bereits ausführlich erläutert. Das sieht auch das Landgericht Düsseldorf so, das in einem Urteil gegen einen Teehersteller befand, dass es „eine Verschlackung und entsprechende Entgiftung im Sinne der Grundannahme des Entstehens von Ablagerungen im menschlichen Körper nicht gibt“.

Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass die Verwendung des Labels Detox eine unlautere Gesundheitsaussage und damit einen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung (HCVO) der EU darstellt. Die Ausrede, es gehe bei Detox gar nicht um Entgiftung, sondern um ein „Streben nach innerer Ausgeglichenheit und allgemeinem Wohlbefinden“, ließ das Gericht nicht gelten. Dafür sei die Verbindung der Silbe „tox“ zu toxisch, also giftig, zu eindeutig. Der Firma wurde der Verkauf des Tees als Detox-Produkt unter Strafandrohung untersagt.

Drei Fragen an die Teehersteller

Trotzdem reicht ein kurzer Blick ins Teeregal eines beliebigen Drogeriemarkts, um zu sehen, dass diverse Marken weiterhin Detox-Tees verkaufen. Ich habe deswegen einmal nachgefragt – bei Meßmer, dm und Bad Heilbrunner:

  1. Was versteht Ihre Firma unter „Detox“? Was bedeutet dieser Begriff, und was soll er dem Kunden vermitteln?
  2. Auf welche konkreten Giftstoffe („tox“) zielt der Tee?
  3. In welcher Weise wirkt der Tee auf diese Stoffe?

Bei keinem der Unternehmen war es möglich, telefonisch mit einem Verantwortlichen zu sprechen. Alle bestanden darauf, die Fragen per Mail zugeschickt zu bekommen. Meßmer ließ über die PR-Agentur Muth Kommunikation lediglich mitteilen: „Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, befinden wir uns in einem laufenden Verfahren, in dem es unter anderem darum geht, wie eine zulässige Verwendung des Begriffes ‚Detox‘ aussehen darf. Aufgrund dessen können wir keine Auskunft zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen geben.“

Bei dm musste offenbar erst reiflich an einer Antwort gefeilt werden. Das Ergebnis fiel nach sechs Tagen dann aber etwas enttäuschend aus: Kerstin Erbe, als dm-Geschäftsführerin verantwortlich für das Ressort Produktmanagement, ließ sich in einer Mail zitieren: „Bei dem Das gesunde Plus Detox Tee handelt es sich um einen nicht aromatisierten Kräutertee. Die Kräutermischung mit Brennessel, grünem Tee und Mate kann sich positiv auf das vitale Körpergefühl auswirken. Zitronengras und Zitronenverbene verleihen dem Tee eine erfrischend aromatische Note. Der kalorienarme Kräutertee unterstützt eine ausgewogene Ernährung.“ Offenbar galt hier das Motto: Wenn Dir die Fragen nicht gefallen, stell Dir einfach selbst eine, die Du dann beantwortest.

Bad Heilbrunner hielt es ganz ähnlich, ließ sich aber mehr Zeit und holte noch weiter aus beim Nicht-Beantworten der Fragen – unter anderem, weil der „Bereich medizinische Wissenschaft“ die Antwort noch mal prüfen sollte. Knapp drei Wochen und einen Erinnerungsanruf später hieß es aus Bad Heilbrunn zu Frage 1: „Aus der Vielfalt der unterschiedlichen Detox-Produkte auf dem Markt ergibt sich aus unserer Sicht, dass dem Begriff Detox keine spezifische Bedeutung zugemessen wird. Es ist vielmehr so, dass sich die Vorstellung der Hersteller und Konsumenten von diesen Produkten ganz allgemein auf die Erlangung eines gesunden Lebensstils zielt. Wir vertreten die Auffassung, dass mit der Verwendung des Begriffes ‚Detox‘ eine Assoziation zu allgemeinen Aspekten des generellen Wohlbefindens geweckt wird. Sogenannte Detox-Produkte sollen dabei helfen, sich einer gesunden Lebensführung mit ausreichend Bewegung und Erholung zuzuwenden. Im Rahmen einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung trägt diese Ernährung zum Wohlbefinden bei und sorgt für ein gutes Körpergefühl.“ Mit genau dieser Argumentation war die verklagte Firma vor dem Landgericht Düsseldorf gescheitert.

Aber immerhin eine Antwort. Frage 2 hingegen wird weitläufig umschifft: „Bei dem Bad Heilbrunner Detox Plus Tee handelt es sich um einen nicht aromatisierten Kräutertee. Die sorgsam zusammengestellte Kräuterteemischung mit Brennnessel, Löwenzahn, Schachtelhalm und Birke verleiht ein körperliches Wohlgefühl. Zusätzlich schenken marine Algen und der frische Geschmack von Minze eine vitalisierende Note. Der Kräuterteegenuß als Wohlfühl- und Wellnessmoment steht im Vordergrund. Im Rahmen einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung unterstützt der von Natur aus kalorienarme Kräutertee eine bewußte Ernährung.“

Antwort 3 beantwortet zwar ebenfalls nicht die gestellte Frage nach der Wirkung des Tees, enthält dafür aber die überraschende Einsicht, dass Alkohol und Zigaretten schlecht und Obst und Gemüse gut für die Gesundheit sind: „Der Genuss von Detox-Produkten zielt darauf ab, sich einer gesunden Lebensweise mit einer ausgewogenen Ernährung zuzuwenden. Wer ‚detoxt‘, hat sich zum Ziel gesetzt, für eine bestimmte Zeit auf übersäuernde Lebensmittel wie Fleisch und Süßigkeiten zu verzichten. Eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme ist sehr wichtig, hierzu leisten u.a. Detox Tees einen großen Beitrag. Darüber hinaus sollte der Speiseplan vor allem mit viel Obst und Gemüse gefüllt sein. Neben dieser verstärkten Fokussierung auf die Auswahl von pflanzlichen Lebensmitteln gehören auch Bewegung, Massagen und Wellness-Produkte zum ‚Detoxen‘. Idealerweise wird auch der Konsum von Alkohol und Zigaretten eingeschränkt.“

Warum nicht Rödeldö-Tee?

Viele Worte, die letztlich der Argumentation der verklagten Firma beim Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf im März 2016 entsprechen. Die hatte dort nämlich offen eingestanden, Detox sei ein „inhaltsleerer Werbespruch“. Doch auch das OLG wollte dieser Vernebelungstaktik nicht nachgeben und bestätigt das Urteil des Landgerichts, das damit rechtskräftig ist.

Letztendlich behaupten dm und Bad Heilbrunner, auf ihren Packungen stehe zwar „detox“ drauf, aber von „de“ oder „tox“ sei da keine Spur. Kurzum: Das Produkt könnte genauso gut Rödeldö-Tee heißen. Tut es aber nicht. Denn damit könnte man nicht an einen weit verbreiteten und daher werbewirksamen Wellness-Irrglauben anknüpfen. Man setzt auf die Assoziation des Kunden mit esoterischem Unsinn, weist darauf angesprochen diese Assoziation aber von sich und flüchtet in nichtssagendes Marketing-Sprech. Zumindest an Düsseldorfer Gerichten lässt man sich davon aber nicht täuschen. Sollten andere Teehersteller dort wegen ihrer unlauteren Marketingmethoden verklagt werden, dürften die Richter ähnlich entscheiden.