Beim Islam hört für Kollegah der Spaß auf
Der „Boss“ traf sich mit zwei jüdischen Publizisten, um über den Vorwurf des Antisemitismus zu sprechen.
In einem Gespräch auf YouTube sagte der Rapper Kollegah (32) man dürfe im Hip Hop über alles herziehen, Wörter wie „Schwuchtel“ und „Bitches“ sagen, da das ja alles nicht so gemeint sei. Bei seiner Religion, dem Islam, hört für ihn aber diese Kunstfreiheit auf.
Nachdem der Rapper eine Palästina-Doku gemacht hatte und diese teils als einseitig und gewaltverherrlichend kritisiert wurde, hat sich der „Boss“ jetzt mit den jüdischen Publizisten Shahak Shapira (28, „Das wird man ja wohl noch schreiben dürfen“) und Kat Kaufmann (35, „Superposition“) getroffen. Ein offener Brief von ihm an den Zentralrat der Juden in Deutschland war unbeantwortet geblieben.
Auch Kollegahs Rap-Kollege Ali As (37) war bei dem 50-minütigen Gespräch dabei, das gerade auf YouTube veröffentlicht wurde. Aber hauptsächlich redeten Kollegah und Shapira.
Antisemitismus-Vorwurf gegen Kollegah
Kollegah wollte sich mit dem Gespräch dem Vorwurf des Antisemitismus entledigen, der nach der Palästina-Doku auch im Zusammenhang mit Liedzeilen von ihm aufkam. „Es geht um den Basisvorwurf des Antisemitismus, der im Raum steht“, sagte er, der bürgerlich Felix Antoine Blume heißt.
Für die Dokumentation war er ins von Israel besetzte Westjordanland gereist und hatte unter Anderem einem Kind Luftballons abgekauft, die Raketen darstellten. Raketen, die, so der Vorwurf, im übertragenen Sinne nach Israel fliegen und Menschen töten sollten. Die israelische Seite des Konflikts stellte er in keiner Weise dar.
Kollegahs Meinung: „Jeder Mensch ist gleich viel wert, jeder Mensch wird von uns nur nach seinem Charakter beurteilt. Rassismus, Fremdenhass hat keinen Sinn, keine Logik.“
„Kann Spießermentalität nicht mehr hören“
Zunächst verteidigte Kollegah, dass er in seinen Liedern öfters abwertende Worte für Frauen und Homosexuelle benutzt.
Das sei im Rahmen der Kunstform Hip Hop in Ordnung und ja nicht böse gemeint. „Wörter wie Schwuchtel und Bitches fallen im Hip Hop in einen anderen Zusammenhang.“ Er könne „diese Spießermentalität nicht mehr hören, diesen Sprachgebrauch der Straße zu verteufeln.“
Dass seine Fans auf Facebook in den Kommentarspalten teils die „Endlösung“ fordern, wie Shapira anmerkte, also die Ermordung aller Juden, halte er nicht für gut, aber er wolle es nicht verhindern, da er nicht zensieren wolle, so der Rapper. Außerdem hätte der Zentralrat der Juden mit seiner Kritik an ihm das in gewisser Weise selbst heraufbeschworen.
Dann sagte er, dass er gegen alle Ethnien „Punchlines“, also im Zweifel auch beleidigende Reime, bringe. Und, so Kollegah: „Keiner regt sich darüber auf, die einzigen, die sich immer in diese Opferrolle setzen, seid ihr.“
Mit „ihr“ meinte er Juden.
Keine Witze über Moslems
Shapira, der auch oft Satire über die AfD macht, sagte, dass man über alles Witze machen sollte, über alle Religionen und zwar auch mehr über Muslime, wenn das mit der AfD nicht gerade so schwierig wäre, weil die gegen Muslime hetzen würden. Da hörte für Kollegah der Spaß auf.
Gegen den Islam würde er, der zum Islam konvertierte Rapper, offenbar keine Punchlines bringen. Das mit den Witzen über Muslime fände er nicht gut, sagte er: „Ich finde, bei Satire gibt es eine Grenze, auch beim Hip Hop. Wenn es geschmacklos wird, dann hat es nichts mehr mit Humor zu tun. Ich finde das pietätlos, das stachelt Hass an.“
Shapira, dessen Großvater als Mitglied des israelischen Olympiateams 1974 in München von palästinensischen Terroristen ermordet wurde, macht seinerseits auch Witze über Juden. „Die Leute, die mir zuhören, wissen, dass ich einen Witz mache“, sagte er. Er wisse nicht, ob Kollegahs Fans das auch immer so wüssten, wenn der über „Bitches“ und „Schwuchteln“ rappt.
Am Ende einigten sich Kollegah und Shapira darauf, gemeinsam einen Song für ein Kollegah-Mixtape aufzunehmen, seine Reime sollte Shapira gleich vor Ort einrappen. „Bring Deine Sonnenbrille nicht mit“, witzelte Shapira in Bezug auf Kollegahs Schläge gegen einen Mann, der ihm auf der Bühne an die Sonnenbrille gefasst hatte.