Die Berufung Jürgen Todenhöfers zum Herausgeber des „Freitag“ tragen viele Mitarbeiter und Redakteure des Magazins nicht mit.

Im Interview mit der taz freut sich „Freitag“-Herausgeber Jakob Augstein auf die Zusammenarbeit mit Jürgen Todenhöfer, der ab Januar Herausgeber der Wochenzeitung wird. In der „Freitag“-Redaktion und unter den Autoren hält sich die Begeisterung indes in Grenzen. 

Mit der Ankündigung, den umstrittenen Publizisten und Filmemacher Jürgen Todenhöfer ab Januar zum Herausgeber seiner Wochenzeitung Der Freitag zu machen, landete Jakob Augstein einen PR-Coup. Selten wurde über den „Freitag“ soviel berichtet und diskutiert. Todenhöfer und Augstein, das passt: Der Westen und Israel sind für sie der Hort allen Übels, vor Eitelkeit können beide kaum laufen und ihr Pazifismus ist von der selben verlogenen Schlichtheit.
Doch unter den Mitarbeitern hat die Ankündigung Augsteins, Todenhöfer werde ab Januar die Chefredaktion beraten und dürfe auch an Redaktionskonferenzen teilnehmen, für wenig Freude gesorgt. Viele, die zum Teil seit Jahrzehnten für das Blatt arbeiten, überlegen sich, künftig nicht mehr für den Freitag zu schreiben.

Martin Krauss, Autor vor allem der taz und der Jüdischen Allgemeinen, arbeitet seit 1990 frei für den „Freitag“ und  schrieb auf Facebook:“Es stimmt, dass der Freitag in weiten Teilen eine lesenswerte und gute Zeitung ist. Gleichwohl will ich als jemand, der von Beginn an, von 1990 an, für den Freitag geschrieben hat, diese Entwicklung nicht mehr mitmachen. Herr Todenhöfer ist nicht irgendeine unangenehme Figur, und die Herausgeberschaft ist nicht irgendeine beliebige Position ferner liefen. Herr Todenhöfer hat sich traurigen Ruhm als antisemitischer IS-Versteher erworben. Ihn zum Gesicht der Zeitung Freitag zu machen ist, sorry,“

Michael Angele, einer der stellvertretenden Chefredakteure, hält es für ein falsches „Signal, Herrn Todenhöfer als Herausgeber des Freitag zu installieren“ und rät „Autoren und Lesern (…) direkt an Herrn Augstein zu schreiben, es ist ja seine Entscheidung“. Autoren und Leser würden sich, schreibt Angele auf  Facebook, bereits von dem Blatt abwenden.

Zum Teil tun sie das hinter den Kulissen organisiert und versuchen sich abzusprechen, um den Freitag gemeinsam zu verlassen und so einen größeren Effekt in der Öffentlichkeit zu erzielen.

Todenhöfer hat derweil begonnen, unter seinen fast 700.000 Fans Abonnenten für den „Freitag“ zu werben: „Der ‚Freitag‘ ist mir schon lange als Gegenentwurf zum deutschen Mainstream aufgefallen. Frech, ehrlich, informativ. Er kämpft wie ich gegen Kriege, Intoleranz und krasse soziale Ungerechtigkeiten. Und vertritt in vielen weiteren politischen Fragen ähnliche Positionen wie ich. Natürlich nicht in allen. Eine Zeitung, die sich so mutig und kompetent dem Mainstream entgegenstellt, muss man unterstützen. Und sei es nur als Herausgeber. Also mache ich mit. Ich werde oft gefragt, wie man mir bei meiner Arbeit helfen kann. Hier eine klare Antwort: Mit einem Abo des unter Jakob Augstein neu gestalteten ‚Freitag‘. Ihr werdet begeistert sein.“

Für viele Autoren und Redakteure klingt das wie eine Drohung. Jakob Augstein könnte durch die Hilfe Todenhöfers und dessen Anhängern jedoch seinem Ziel, den „Freitag“ ab 2017 aus den roten Zahlen zu holen, näher kommen.

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