Mit einer Kopftuch tragenden Muslima warb vor wenigen Tagen das Bundesverwaltungsamt. Das ist gut gemeint und dennoch falsch. Denn das Kopftuch steht weniger für den freien Willen der Frau als für Repression.

Vor einigen Tagen sorgte eine Personal-Werbekampagne des Bundesverwaltungsamtes für Aufregung in den sozialen Medien. Mit dem Slogan „Bewirb dich so wie du bist“ zeigt eines der Plakate die junge Muslima Sunbaq bei ihrer Arbeit als Hennakünstlerin. Die Bildunterschrift lautet: „Kreativität. Ruhe. Gelassenheit. Das braucht Sunbaq, wenn sie Hände in Kunstwerke verwandelt. Im Job kennen wir Sunbaq als kreative Impulsgeberin. Gemeinsam machen wir: Intelligente Verwaltung – Made for Germany“

Das Problem: Sie trägt einen Hijab.

Die Intention hinter der Kampagne ist klar: Das Bundesverwaltungsamt will sich hier für kulturelle und religiöse Vielfalt einsetzen. Das kann man ihm nicht wirklich verübeln. Ist das Bild der verschleierten Muslima doch vornehmlich von der AfD und rechten Gruppierungen geprägt, die es für ihre Hasspropaganda und Endzeitfantasien über das untergehende Abendland missbrauchen.

Es steht außer Frage, dass jede Frau in Deutschland so auf die Straße gehen kann, wie sie es möchte. Darüber muss man nicht diskutieren.

Trotzdem ist die Werbung des BVA problematisch. Denn das islamische Kopftuch wird hier als harmloses Kleidungsstück, als bloßer Ausdruck einer kulturellen oder religiösen Zugehörigkeit dargestellt. Diese Bedeutung mag der Schleier für emanzipierte Muslimas wie Sunbaq sicherlich einnehmen. Im größten Teil der islamischen Welt ist der Hijab jedoch mit systematischer Repression und einem misogynen Frauenbild verbunden.

Sexualisierte Objekte

Nehmen wir etwa den Iran: Hier gibt es staatliche Warnschildern, auf denen Frauen ohne Hijab mit einem Schokobonbon verglichen werden. Die Haltung ist eindeutig: Frauen haben den Stellenwert eines sexualisierten Objektes und werden deswegen aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen. Dabei entzieht ihnen der Staat nicht nur Grundrechte, wie das Recht, ihren Ehemann bei Gewalt und Vergewaltigung anzuzeigen oder gewisse Berufe auszuüben. Sie werden auch von der staatlichen Sittenpolizei schikaniert und verhaftet, wenn sie den Hijab nicht richtig getragen haben.

Doch nicht nur die Frauen aus Teheran müssen sich die Repressalien der muslimischen Chauvinisten gefallen lassen. Glaubt man dem Islamkritiker Ahmad Mansour, gibt es auch in Deutschland Frauen, die unter der extremistischen Islamauslebung ihrer Familie zu leiden haben. Der Psychologe setzt sich seit Jahren für einen liberalen Islam ein, indem er an Schulen mit muslimischen Jugendlichen über ihre Religion diskutiert.

Und seine Erfahrungen sind erschreckend: So verbieten manche Eltern ihren Töchtern die Teilnahme am Schwimmunterricht und an Klassenfahrten, weil sie den Verlust der familiären Ehre befürchten. Viele Mädchen wachsen mit dem Bewusstsein auf, dass das Ansehen der Familie von ihrer Keuschheit und Jungfräulichkeit abhängt; Nicht selten gehen diese Forderungen mit Unterdrückung und Drohungen, teilweise mit Gewalt einher. „Wir arbeiten gegen Sätze wie: „Lieber fünf kriminelle Söhne als eine verhurte Tochter“ oder „Die Ehre eines Mannes steckt zwischen den Beinen einer Frau““ erzählte der arabische Israeli in einem Interview.

Das Kopftuch hat also auch für Mansours Schüler wenig mit Emanzipation zu tun.

Vor diesem Hintergrund mag die Werbekampagne des BVA noch so progressiv gemeint sein – die andere, die unterdrückende Bedeutungsebene des Schleiers wird deswegen nicht aus dem Bild verschwinden.

Nicht aus Angst vor Rassismus schweigen

Was bleibt, sind offene Fragen: Wie soll man zwischen den beiden Bedeutungen, der „Emanzipation“ und „Unterdrückung“ unterscheiden? Kann das Kopftuch wegen der Darstellung der emanzipierten Sunbaq einfach zum Symbol der Emanzipation oder kulturellen Diversität umgedeutet werden? Ist das nicht unfair den Frauen gegenüber, die im Iran, Saudi-Arabien und den Neuköllner Familien jeden Tag für ihre Rechte kämpfen? Nicht zuletzt: Was für ein Bild vermittelt der deutsche Staat an Mansours Schüler?

Diese Fragen sollen hier jetzt nicht geklärt werden. Bei so viel moralischem Sprengstoff wäre es jedoch angebracht, dass sich staatliche Institutionen wie das BVA zumindest gegen den extremistischen Islam positionieren – und das geschieht durch seine Neutralität in religiösen Angelegenheiten.

Die Repression, die mit dem Kopftuch verbunden ist, sollte nicht aus Angst vor Rassismus totgeschwiegen werden, wie es etwa der moderne Feminismus betreibt. Gerade jetzt ist es wichtig, dass der Islam aus der politischen Mitte heraus kritisiert wird. Denn die Rechte darf diese Debatte nicht länger für sich vereinnahmen. Sie ist schon zu sehr mit Hass und Ressentiment vergiftet.