Klarer Kompass, präzise Analysen – Ralf Fücks hat ein Buch über die verschiedenen Attacken geschrieben, denen der Westen ausgesetzt ist. Der Mann wäre ein prima Außenminister.

Leider bestimmen Wahlen, welche Parteien die Regierung bilden. Mir würde es besser gefallen, wenn man einen Kandidaten für jedes Ministerium wählen könnte. In meiner Wunschregierung säße mindestens ein Grüner. Selbstverständlich nicht im Umweltministerium, wo diese Leute nur teuren Unsinn verzapfen, der der Umwelt wenig hilft. Das Auswärtigen Amt jedoch würde ich gern in grünen Händen sehen. Denn in Sachen Außerpolitik und Menschenrechte geben viele Spitzenkräfte seit Jahrzehnten ein besseres Bild ab als Vergleichbare aus den anderen Parteien.

Einer, den ich mir als Außenminister gut vorstellen könnte, ist Ralf Fücks. Der politische Kompass des Böll-Stiftungs-Co-Chefs funktioniert jedenfalls besser als der von Gabriel, Steinmeier oder Westerwelle. Finde ich.

Fücks hat ein Buch geschrieben, das „Freiheit verteidigen“ heißt. Es ist eine tour d’horizon zu den zahlreichen Angriffen, denen die Freiheit, die Menschenrechte und die Errungenschaften der Aufklärung derzeit ausgesetzt sind. Von der Wiederkehr der völkischen Gespenster zur islamistischen Bedrohung, von Putins Feudalstalinismus bis zu Trumps Herumtrampeln auf der Verfassung. Präzise und gut verständlich führt Fücks durch die Denkgebäude der Freiheitsfeinde. Alexander Dugins Kreuzzug gegen die Moderne seziert er ebenso scharf, wie Sloterdijks gerauntes Ressentiment gegen die angebliche Wurzellosigkeit des Westens. Aber auch grün-autoritäre Weltlenkungspläne (bei denen man an Schellnhubers „Große Transformation“ denken muss) nimmt der Ex-Bundesvorstand der Grünen kennerhaft auseinander.

Carl Schmitt und die Nationalrevolutionäre

Am stärksten ist das Buch, wo Fücks die Ideologien der Anti-Westler analysiert, die verunsicherten Gesellschaften ihr Gift als Heilmittel anpreisen. Vieles, so zeigt er, knüpft an Carl Schmitt und die Nationalrevolutionäre der Vorkriegszeit an. Jene gelangweilten Intellektuellen, die die liberale Demokratie verachteten und sich an Phantasien blutiger Unerbittlichkeit berauschten. Schwächer wird das Buch, wenn Fücks sich in politischen Entwürfen ergeht, vom „Bürgergeld“ über „grünen Ordoliberalismus“ bis zum „Marshallplan für den Nahen Osten“. Doch da er sich kurz fassen kann, liest man darüber schnell hinweg und freut sich auf die nächste Analyse.

Ein Buch für alle, denen die Gegenwart nicht mehr geheuer ist und die nach einem Überblick über die unterschiedlichen geistigen Fronten suchen, an denen die Freiheit verteidigt werden muss. Fücks kann erklären, wie wertvoll sie ist und warum wir sie verteidigen müssen. Das hat er manchen, die in Amt und Würden sind, voraus.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ralf Fücks
Freiheit verteidigen / Wie wir den Kampf um die offene Gesellschaft gewinnen
Carl Hanser Verlag, München 2017
256 Seiten
18 Euro auf Papier, 13,99 Euro elektronisch