Im Getty Center sind einige der berühmtesten Kunstwerke der Welt versammelt. Der Eintritt ist kostenlos. Dabei schaute der Öl-Magnat und Gründer sehr genau auf sein Geld. L.A. Chronicles X

Wie ein frisch gelandetes Raumschiff sitzt das für 1,3 Milliarden Dollar gebaute Getty Center auf einem Hügel im Westen von Los Angeles. 1,6 Millionen Besucher kommen jährlich und schauen sich in den Räumen Bildhauereien aus dem Altertum und Werke von Rembrandt, Monet bis van Gogh an.

Die aus weißem Stein gebauten, weitläufigen, verzweigten Gebäude laden zum Verweilen ein. Von einem futuristischen Garten aus, selbst ein Kunstwerk, kann man über die ganze Stadt gucken. 1997 war das Gebäude fertiggestellt worden. Jetzt ist es eines der am meisten besuchten Museen der USA.

Auf kostenlosen Touren erzählen Fachleute hochinteressante Details zu den einzelnen Werken. Etwa, wie eine Papst-Büste aus Italien für ein paar Tausend Dollar eingekauft wurde, weil der Verkäufer dachte, es sei eine Fälschung nach einem Meister-Original. War es aber nicht. Oder technische Feinheiten einer mechanischen Uhr aus dem 17. Jahrhundert, die nicht nur die Zeit anzeigt, sondern auch Ebbe- und Flutzeiten zu verschiedenen Jahreszeiten.

Manche der Werke – besonders antike Stücke – gelangten auf dubiosen Wegen nach Los Angeles. Deshalb gab es schon Gerichtsverfahren in Italien und Griechenland, einiges musste zurück nach Europa gegeben werden.

Wer zum Getty will, kann entweder einen öffentlichen Bus nehmen oder mit dem Auto fahren. Ein Parkplatz in der in den Berg gehauenen riesigen Tiefgarage kostet zehn Dollar. Mit einer kleinen Elektro-Bahn fährt man die letzten paar hundert Meter auf den Berg rauf.

Der Eintritt ist umsonst. Das Getty lebt von einer 6,7 Milliarden Dollar schweren Stiftung, dem Getty Trust. Der Trust ist die vermögendste Kunst-Stiftung der Welt.

Das Geld kommt vom Öl-Magnaten

Der Trust war von Jean Paul Getty (1892 bis 1976) ins Leben gerufen worden. Da hat also jemand einen großen Teil seines Vermögens für die Künste gespendet. Andere Superreiche kaufen sich Superyachten, sammeln Rolls Royce und Ferraris wie Matchbox-Autos oder schenken das liebe Geld ihren Kindern.

Was die teure Kunstliebe des J. Paul Getty so besonders macht, ist, dass der Öl-Magnat, zweitweise der reichste Mensch der USA, zu Lebzeiten oft ein fast schon ekelhafter Geizhals war.

Der Mann, der nach seinem Tod einen großen Teil seines Besitzes und 660 Millionen Dollar in Aktien seiner Firma Getty Oil der Kunst hinterließ, stattete sein eigenes Wohnhaus mit Münztelefonen aus, damit die Telefonkosten nicht außer Kontrolle geraten würden.

Als einer seiner fünf Söhne von fünf Ehefrauen einen Gehirntumor hatte, der ihn blind machte, schimpfte er mit der Mutter, sie würde zu viel Geld für die medizinische Behandlung ausgeben. Das Kind starb mit zwölf Jahren.

Als sein 16-jähriger Enkel Getty III 1973 in Rom von der ‘Ndrangheta-Mafia entführt wurde und die Kidnapper 17 Millionen Dollar Lösegeld verlangten, verweigerte der Patriarch zunächst jegliche Zahlung. Er war der Meinung, das sei eine ausgedachte Geschichte des Enkels, um ihm Geld aus den Rippen zu leiern.

Drei Monate später kamen dann eine Haarlocke und ein abgeschnittenes Ohr des Enkels in einem Briefumschlag bei einer italienischen Zeitung an. Das Ohr war in keinem guten Zustand, ein italienischer Poststreik hatte die Auslieferung um drei Wochen verzögert.

Die Forderung war auf 3,2 Millionen Dollar gesunken. Die Kidnapper drohten, den Enkel Stück für Stück zu schicken, wenn nicht bald Geld kommen würde.

Der alte Getty zögerte immer noch, da er die Sorge hatte, Ähnliches könnte seinen anderen Enkeln auch passieren. Er drückte die Forderung dann noch auf drei Millionen. Schließlich zahlte er 2,2 Millionen Dollar aus eigener Tasche, mehr hätte er nicht von der Steuer absetzen können. Die restlichen 800.000 Dollar verlieh er an seinen Sohn Jean Paul Getty Jr., den Vater des entführten Jungen, mit vier Prozent Zinsen.

Als der ohrlose Enkel seinem Großvater nach der Freilassung am Telefon danken wollte, weigerte der sich, mit ihm zu sprechen. Der Enkel wurde später drogenabhängig und von einer Überdosis schwer gezeichnet.

Als Geschäftsmann ein Ass

Gettys Vater, auch schon im Petroleum-Business, war 1930 gestorben und sich sicher gewesen, dass sein Sohn mit seinen ganzen Frauengeschichten die Familie in den Ruin treiben würde. Da irrte er sich. Sein Sohn kaufte vom saudischen Herrscher Ibn Saud 1949 für 9,5 Millionen Dollar eine 60-Jahre-Konzession für Wüstenland nahe Kuwait. Für diese Konzession sollte er laut Vertrag noch einmal eine Million Dollar jährlich zahlen.

Zu dem Zeitpunkt war dort noch kein Öl gefunden worden, doch Getty investierte 30 Millionen Dollar in Suche und Erschließung. 1953 sprudelten dann die Quellen mit 2,5 Millionen Kubikmetern Öl jährlich. Das war der Grundstein seines sagenhaften Reichtums. Später lernte Getty Arabisch, was ihm bei weiteren Konzessions-Käufen im Nahen Osten sehr half.

Getty soll in einer Abwandlung des Jesus-Zitats gesagt haben: „Die Demütigen sollen die Erde erben, aber nicht ihre Mineralien.“ Spät in seinem Leben sagte er auch, er hätte all sein Vermögen für nur eine glückliche Ehe gegeben. Dann gäbe es das Getty Center aber nicht.

Lacma, Broad & Co

In Los Angeles gibt es noch viele weitere Orte, an denen man wunderbar Kunst bewundern kann. Im riesigen Los Angeles County Museum of Art (Lacma) sind unter anderem Werke des Altonaers Hans Barlach und von Lucas Cranach dem Älteren zu sehen. Und vom Mäzen-Ehepaar Eli und Edythe Broad bereitgestellte Bilder von Picasso. 

Ein weiterer Ort ist das Broad, das erst 2015 eröffnet wurde. Das Broad-Museum in Downtown ist auch kostenfrei, die Gründer Eli und Edythe Broad folgen dem Beispiel Gettys. Eli hat Milliarden gemacht mit gleich zwei Firmen, die unter den größten 500 der USA sind. Jetzt gibt er zurück. Das Ehepaar hat zwei Milliarden Dollar an Kunstschätzen angehäuft, die sie der Öffentlichkeit zeigen. Im Broad gibt es Zeitgenössisches.

Detail aus „African't“ (1996) von Kara Walker – Til Biermann

Detail aus „African’t“ (1996) von Kara Walker im Broad – Foto: Til Biermann

Und dann kommen noch kleinere, witzige Kunstaktionen in der Stadt der Engel. Zum Beispiel eine Videothek im Stadtteil Echo Park, der manchen aus dem Film „Training Day“ bekannt ist. Fürher gab es hier viel Kriminalität, jetzt mehr Hipster. Die Videothek führt ausschließlich VHS-Kassetten des 90er-Jahre-Films „Jerry Maguire“.

Die Jerry-Maguire-Videothek – Foto: Til Biermann

Die Jerry-Maguire-Videothek – Foto: Til Biermann

Hier gibt es exakt einen Film in Form von VHS-Kassetten – Foto: Til Biermann

Hier gibt es exakt einen Film auf VHS-Kassetten – Foto: Til Biermann