Warte nicht auf bessre Zeiten!“ enthält alles, was man wissen sollte über die vier Deutschland, in denen Wolf Biermann lebte und lebt.

Mein Buch des Jahres ist „Warte nicht auf bessre Zeiten!“. Nicht nur, weil wenige Menschen die Katastrophen, das Elend und die Glückmomente der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts so hautnah am eigenen Leib erlebten wie Wolf Biermann. Nicht nur, weil Biermann (fast) immer den richtigen politischen Kompass hatte, an dem man sich im Zweifelsfall orientieren konnte. Nicht nur, weil der Dichter Unterdrückern und Menschenschindern mit seinen Balladen gewaltig auf den Wecker ging. Nicht nur, weil dieses Buch ein vortrefflicher Geschichtsunterricht ist, und alles enthält, was man wissen sollte über die vier Deutschland, in denen Biermann lebte und lebt. Nicht nur, weil ich ein Fan bin, seit ich mir als Dreizehnjähriger Biermanns Gedichte- und Liedersammlungen „Die Drahtharfe“ und „Mit Marx- und Engelszungen“ kaufte, und dadurch einen Lyrik-Geschmack entwickelte, noch bevor ich Heine las. Nicht nur weil zwei Kollegen von den „Salonkolumnisten“ in dem Buch vorkommen (suchen Sie selbst). Nicht nur, weil ich als liberal denkender, moralisch links fühlender Mensch Biermanns sozialistische Phantomschmerzen gut nachempfinden kann. Nicht nur, weil ich einst auf ausgedehnten Reisen durch die DDR manche Biermannsche Gedichtzeile besser verstehen lernte. Sondern weil „Warte nicht auf bessre Zeiten!“ ein unterhaltsames, spannendes, aufrüttelndes Buch ist. Und dies, obwohl Wolf Biermann immer behauptet, Prosa könne er nicht.