Geht es nach zwei Journalistinnen der SWR-Sendung „Report Mainz“, hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit einer kürzlich veröffentlichten Broschüre zur HPV-Impfung bewusst gefährliche Nebenwirkungen verschwiegen. Aber was ist an diesen Vorwürfen genau dran?

„HPV-Impfung – Schützen Sie Ihre Kinder vor Gebärmutterhalskrebs und anderen Krebsarten“. So lautet der Titel einer aufklärenden Broschüre zur HPV-Impfung, die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vor kurzem herausgegeben hat und die sich vor allem an Eltern richtet. HPV steht für „Humane Papillomviren“. Diese Viren sind durch sexuellen Kontakt übertragbar und dafür bekannt, dass die verschiedenen Stämme gemeinsam für mehr als 99 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich sind. Die Gewebeveränderungen, die von ihnen ausgelöst werden können, verursachen ebenfalls Genitalwarzen. Man geht davon aus, dass weltweit rund 25 Prozent aller Frauen unter 30 Jahren eine Infektion mit HPV durchmachen, die in vielen Fällen nach einigen Monaten wieder ausheilt, aber häufig über Jahre hinweg im infizierten Gewebe persistieren und Krebs verursachen kann. Jedes Jahr sterben europaweit rund 13.000 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, während rund 36.000 Frauen neu daran erkranken.

Dementsprechend wurde die Meldung, dass ein Impfstoff gegen HPV – und damit auch gegen Krebs – entwickelt wurde, weltweit mit großem Interesse aufgenommen.

Mittlerweile gibt es drei Versionen des Impfstoffes, die gegen immer mehr HPV-Stämme wirksam sind. Der sogenannte „bivalente“ Impfstoff wurde 2006 eingeführt und schützt vor den HPV-Stämmen 16 und 18, die für 70 Prozent aller Gebärmutterhalskrebserkrankungen verantwortlich sind. Der quadrivalente Impfstoff erweitert den Schutz um die Stämme 6 und 11 und der 2015 zugelassene, nonavalente Impfstoff deckt die Stämme 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 ab und schützt somit gegen 97 Prozent aller Stämme, die Gebärmutterhalskrebs verursachen können.

In der mehr als zehnjährigen Geschichte der Impfung zeichnen sich die Erfolge immer deutlicher ab. So wurde z.B. in den USA seit Einführung der Impfung eine Reduzierung der  Gebärmutterhalskrebsfälle für Mädchen und Frauen zwischen 15 und 24 Jahren um 29 Prozent beobachtet. Bei Frauen zwischen 25 und 34 betrug die Reduzierung 13 Prozent.

Report Mainz und die Dänen

Wer den Beitrag von Report Mainz verfolgt, wird auf solche Zahlen allerdings nicht treffen. Hier erwähnt man im spärlichen Fließtext wissenschaftliche Arbeiten aus Dänemark und Japan, die angeblich vor schwerwiegenden, bisher unbekannten neurologischen Nebenwirkungen der HPV-Impfung warnen.
Leider hat man es verpasst, die entsprechenden Arbeiten zu verlinken, weshalb unklar ist, welche Studien genau gemeint sind. Die dänische Studie dürfte wohl diese hier sein. Die Eckdaten der Studie lauten folgendermaßen:

Von Mai 2011 bis Dezember 2014 wurden insgesamt 53 Frauen im Alter zwischen 12 und 39 Jahren in einer Klinik untersucht, die an unterschiedlichen Symptomen litten, aber noch keine Diagnose erhalten haben. Einziges Auswahlkriterium für die Frauen war neben der fehlenden Diagnose ein Zeitraum von 2 Monaten nach der quadrivalenten HPV-Impfung, in dem die Symptome – laut Aussage der Frauen – begannen. Besagte Symptome waren u.a. (nach Häufigkeit sortiert): Kopfschmerzen, Orthostatische Intoleranz, Müdigkeit, Übelkeit, Schlaf- und Sehstörungen, Hautprobleme, Diarrhoe sowie trockene Augen.

Nach einer Kipptischuntersuchung wurde bei den Frauen eine Sonderform der sogenannten „Orthostatischen Dysregulation“ diagnostiziert. Patienten mit dieser Diagnose bekommen im Stehen häufig Kreislaufprobleme, meist durch einen Blutdruckabfall verursacht, die sich beim Sitzen oder Liegen schnell bessern. Bei der diagnostizierten Sonderform, dem „Posturalen Tachykardiesyndrom“ (POTS), kommt es nicht zu einem Blutdruckabfall, sondern zu einer Zunahme der Herzfrequenz.

Diese Diagnose stellen die Autoren der Studie nun in einen Zusammenhang mit der HPV-Impfung, was bereits kurz nach der Veröffentlichung für einige Kritik sorgte. Unter anderem auch von der European Medicines Agency. Allgemeine Kritikpunkte am Studiendesign sind die geringe Teilnehmerzahl ohne Kontrollgruppe, die willkürliche Auswahl eines Zeitraums von 2 Monaten im Anschluss an die Impfung sowie eine geschlechtsspezifische Häufung von POTS, das rund 0,2 Prozent der Bevölkerung und zu 80 Prozent Frauen betrifft. Da die Symptome in erster Linie bei jungen Frauen auftreten und sich zum Großteil im Laufe der Jahre bessern, sind allein in Dänemark rund 3.300 Frauen von POTS betroffen. Zudem gibt es viele Symptome, die POTS ähnlich sind und durch Dinge wie eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr, erhöhte körperliche Anstrengung (die Autoren der dänischen Studie merkten an, dass ihre Patientinnen vor der Impfung sportlich überdurchschnittlich aktiv waren), Alkoholkonsum, Stress oder durchgemachte Infekte ausgelöst werden.

Auch die WHO kam 2017 in einem Review der vorliegenden Daten zum dem Schluss, dass man keinen Zusammenhang zwischen der HPV-Impfung und POTS feststellen konnte. Gleiches gilt für die Impfung und dem komplex-regionalen Schmerzsyndrom, das ebenfalls am häufigsten Frauen betrifft und u.a. nach unzureichender Versorgung im Anschluss an Operationen oder Knochenbrüche auftreten kann.

In Japan sehen die Daten ähnlich aus, nur dass hier noch ein weiterer Faktor hinzukommt, der im Artikel nicht genannt ist. Die in Japan gefundenen Daten (auf die ebenfalls nicht verwiesen wurde), sollen angeblich die Neurotoxizität des Impfstoff-Wirkverstärkers zeigen. Allerdings bekamen die Mäuse, bei denen der Effekt festgestellt wurde, eine Dosis, die der von 1.000 Impfungen entsprach. Die Studie wurde im Frühsommer dieses Jahres aufgrund von wissenschaftlichem Fehlverhalten zurückgezogen. Trotzdem ist die Impfquote in Japan von über 70 Prozent auf weniger als 1 Prozent gefallen. Ursächlich dafür ist vermutlich eine breit angelegte Kampagne in Sozialen Medien, die Fehlinformationen über die HPV-Impfung streuen. Ähnliche Kampagnen wurden auch in Dänemark gefahren und durch Fehlinformationen in den Medien verstärkt, was dafür sorgte, dass die Impfrate dort um 50 Prozent eingebrochen ist.

Anstatt auf diese komplexen Zusammenhänge zu verweisen, erfährt man im Videobeitrag von Report Mainz vom Schicksal eines Mädchens, das nach der HVP-Impfung laut Aussage der Mutter starken Schwindel und Herzrasen bekam und im Anschluss an Kopf- und Rückenschmerzen litt, die bis heute andauern. Abgesehen davon, dass sie leidenschaftlich gerne Hockey spielt, erfahren wir von dem Mädchen nichts weiter – erst recht nichts zu ihrer medizinischen Vorgeschichte. Stattdessen wird aus einem zeitlichen Zusammenhang unzulässig ein Kausalzusammenhang mit der Impfung gemacht.

Fragwürdige Expertenauswahl

Als nächstes kommt Prof. Ingrid Mühlhauser ins Spiel, eine Hamburger Gesundheitswissenschaftlerin, die immer aus dem Hut gezaubert wird, wenn Journalisten schildern wollen, dass wir der Medizin bloß nicht zu sehr vertrauen dürfen. Sie erklärt, die Aussage der Broschüre des BZgA, man hätte auch nach über 270 Millionen Impfdosen keine schwerwiegenden Nebenwirkungen festgestellt, sei „[…] falsch, irreführend, einseitig, werbemäßig, kampagnenmäßig“. In ihren schriftlichen Aussagen bezieht sie sich auf die dänischen und japanischen Studien, scheint aber von der Kritik an diesen nichts zu wissen. Dass es sich bei der Broschüre um Informationsmaterial handelt und nicht um eine wissenschaftliche Studie, scheint in diesem Kontext auch nicht zu interessieren.

Dann wird Dr. Jesper Mehlsen, dänischer Facharzt für Physiologie zu seinen Erfahrungen mit der HPV-Impfung befragt, der erklärt, in seiner Praxis wären bereits 800 Mädchen erschienen, die nach der Impfung schwere Nebenwirkungen erfahren hätten. Er erwähnt auch, er habe selbst einige Studien zu HPV durchgeführt. Das ist auch korrekt: Im Jahr 2015 war er an zwei Studien beteiligt, die beide zum Ergebnis kamen, dass für einen Nachweis schwerer Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der HPV-Impfung nicht genug Daten vorliegen. 2017 war er  an einer weiteren Studie beteiligt, in der Frauen untersucht wurden, bei denen eine Nebenwirkung der HPV-Impfung vermutet wurde. Das Ergebnis der Studie: Diese Frauen hatten bereits vor der Impfung häufiger unter psychologischen Erkrankungen und Symptomen gelitten und ihren Hausarzt häufiger gesehen als der Rest der Bevölkerung.  Ebenfalls 2017 war er Co-Autor einer Studie, die der quadrivalenten HPV-Impfung auch nach 10 Jahren eine gute Wirksamkeit sowie allgemein gute Verträglichkeit attestierte. In seiner neuesten Studie vom Oktober 2018 beschreiben er und seine Kollegen eine Hypothese, wie die Impfung zu den angesprochenen neurologischen Nebenwirkungen führen kann – allerdings ohne entsprechende Belege.

Wer so viele Nebenwirkungen gesehen haben will, der sollte doch zumindest in seinen eigenen Studien einen statistisch signifikanten Zusammenhang herstellen können?

Jörg Schaaber von der pharmakritischen NGO BUKO Pharma-Kampagne wird ebenfalls interviewt und erklärt sich die angeblich verschwiegenen Nebenwirkungen dadurch, dass in den USA und Europa eine pharmafreundliche Stimmung herrsche und dass man Kritik an Impfungen besser nicht äußern sollte. Doch wer Impfstoffe kritisieren will, sollte auch solide Daten in der Hand haben, um seine Kritik zu untermauern. Darüber sagt Schaaber nichts.

Der letzte Interviewpartner des Beitrags ist Klaus Hartmann. Dieser wird unter anderem als „Mediziner und Gerichtsgutachter für Impfschäden“, sowie ehemaliger Mitarbeiter des Paul-Ehrlich-Instituts präsentiert. Seit seinem Ausscheiden aus besagtem Institut tritt Hartmann als „Impfkritiker“ auf, der einige Jahre eine „privatärztliche Praxis für Fragen zur Impfstoffsicherheit und Impfschadensforschung“ betrieb. Er ist regelmäßiger Referent auf Impfgegnersymposien, und vertritt dort unter anderem die Auffassung, dass das in machen Impfstoffen enthaltene Quecksilber die Gehirnentwicklung von Kindern schädigen könne. Inwiefern er eine Expertise in Bezug auf die HPV-Impfung beisteuern kann, bleibt fraglich.

Am Ende des Beitrags wird noch die Mutter der oben angesprochenen Patientin interviewt. Wer ausschließlich den Fernsehbeitrag gesehen hat, wird relativ ratlos zurückbleiben und sich fragen, warum man sich überhaupt impfen lassen sollte. Dieses Gefühl entsteht, weil die Autorinnen des Beitrags eine Einordnung der Impfung in Zahlen konsequent vermieden haben.

Die Situation rund um die Welt

In Dänemark wurden 2016 beispielsweise 590.000 HPV-Impfungen verabreicht, die in 2119 Fällen zu Nebenwirkungen führten, von denen 823 Fälle im Krankenhaus behandelt wurden. Die Wahrscheinlichkeit einer Nebenwirkung (Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit usw.) durch die HPV-Impfung entspricht also weniger als 0,36 Prozent und die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthalts entspricht 0,14 Prozent. Dem gegenüber steht der Schutz vor einem potenziell krebserregenden Virus, mit dem sich durchschnittlich 1 von 4 ungeimpften Frauen mindestens einmal im Leben infiziert.

Während in Dänemark und Japan die Impfbereitschaft gesunken ist, wächst die Durchimpfungsrate in Ländern wie Australien stetig. 2007 stand die Einführung der HPV-Impfung in Australien an. Es war das erste Land, in dem die Kampagne staatlich gefördert wurde. Dies führte zu ausgesprochen hohen Durchimpfungsraten, die seit Dezember 2017 dafür sorgen, dass das Gebärmutterhalskrebs-Screening nicht mehr alle zwei, sondern alle fünf Jahre durchgeführt werden muss. Mit einer Kombination von Impfung und Screening wird eine Reduzierung der Neuerkrankungsrate auf weniger als sechs pro 100.000 im Jahr 2020 angestrebt, bis 2030 sollen es weniger als vier neuerkrankte pro 100.000 Frauen werden und bis 2060 will man den Gebärmutterhalskrebs quasi ausrotten, also weniger als eine Erkrankung auf 100.000 Einwohner erreichen. Dies ist bisher nur durch die Kombination der Maßnahmen möglich. Alleine die routinemäßigen Screenings haben vor der Einführung der HPV-Impfung die Todesrate bei Gebärmutterhalskrebs um 50 Prozent reduziert, boten aber natürlich keinen Schutz vor einer Infektion.

Die positive Entwicklung veranlasste Australien 2013 dazu, die Impfempfehlung auf Jungen auszuweiten. Seit 2013 werden Jungen zwischen 12 und 15 Jahren geimpft. Die Durchimpfungsrate beträgt entsprechend bei 15jährigen Mädchen 78 Prozent und bei Jungen 72 Prozent.

2018 wurde die Vierfach- von der Neunfachimpfung abgelöst, die gegen 97 Prozent der Gebärmutterhalskrebsinfektionen schützt, wodurch sich die Anzahl der Screenings auf lange Sicht weiter reduzieren könnte.

In Deutschland steht es nicht so rosig

Anders sieht die Situation in Deutschland aus. Basierend auf Zahlen des Zentrums für Krebsregisterdaten erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 6.200 Frauen und ca. 1.600 Männer an HPV-bedingten Karzinomen. Gebärmutterhalskrebs stellt hierbei den größten Anteil der Krebserkrankungen bei Frauen, mit rund 4.600 Neuerkrankungen pro Jahr, während jährlich rund 1.500 Frauen daran versterben. Aufgrund von Gewebsveränderungen der Gebärmutter, ausgelöst durch HPV, wird jedes Jahr bei knapp 56.000 Frauen eine Konisation (Entfernung von Gebärmuttergewebe) durchgeführt. Die Höhe dieser Zahlen ist nicht weiter verwunderlich, schaut man sich z.B. die Impfquote bei 15-jährigen Mädchen aus dem Jahr 2015 an. Lediglich 31 Prozent haben hier die erforderlichen 3 Impfdosen erhalten. Bis zum 17. Lebensjahr haben rund 50 Prozent der Mädchen die Serie der HPV-Impfungen zumindest begonnen, aber lediglich rund 44 Prozent abgeschlossen. Die neuen Bundesländer zeigen sich bei der Impfung im Allgemeinen vorbildlicher. Spitzenreiter der HPV-Impfquote ist Sachsen-Anhalt mit 56,7 Prozent, während westliche Länder am Ende der Skala liegen: Bayern bildet mit 22,5 Prozent das Schlusslicht,  dicht gefolgt von Baden-Württemberg mit 22,7 Prozent. Im Juni 2018 erweiterte die STIKO ihre Impfempfehlung um Jungen zwischen 9 und 14 Jahren.

Der Impfstoff als Therapie

Während also die HPV-Impfung in Deutschland erst langsam Fuß fassen kann, ist man in der Forschung schon einen Schritt weiter. Bisher müssen HPV-Impfungen für einen wirksamen Schutz vor dem ersten Sexualkontakt verabreicht werden. Da der vollständige Impfschutz erst nach rund 6 Monaten erreicht ist, wird die Impfung bereits im Kindesalter zwischen 9 und 14 Jahren, also noch vor dem ersten sexuellen Kontakt, begonnen. Der Impfstoff trainiert das Immunsystem zur Reaktion auf ein bestimmtes Protein in der Virenhülle. Dringt das Virus in die Zellen ein, entledigt es sich dieser Hüllen und der Impfstoff ist wirkungslos. Um aber nicht nur die Infektion aufzuhalten, sondern auch bereits existierenden Gebärmutterhalskrebs im Gewebe therapieren zu können, richtet sich der Blick der Forschung auf eine Autoimmuntherapie, in der man körpereigene Immunzellen verwendet, um das Krebswachstum aufzuhalten und infizierte Zellen zu vernichten. Erste Studien geben hierbei einen vorsichtigen Grund zur Freude, auf lange Sicht ist hierbei allerdings noch einiges an Forschung nötig, sodass nicht zu bald mit einer Autoimmuntherapie gegen Gebärmutterhalskrebs zu rechnen ist.

Aber wie erwähnt, von all diesen Dingen findet man im Beitrag von Report Mainz nichts. Schaut man sich ihn online an, bekommt man lediglich zusätzliches Videomaterial zu sehen, wie etwa ein Interview mit den Journalistinnen, die bestätigen, zwar grundsätzlich Impfungen gut zu finden, aber bei der HPV-Impfung aufgrund ihrer Kosten-Nutzen-Rechnung kritisch seien – eine durchaus phantasievolle Sicht der Dinge.

Experte ohne Daten

Online ist auch ein Interview mit Peter Gøtzsche zu sehen, der früher bei Cochrane tätig war. Cochrane ist ein internationales, unabhängiges Institut, das Zulassungsstudien von Medikamenten bewertet und Expertisen dazu abgibt. Cochrane hat der HPV-Impfung ebenfalls ein Unbedenklichkeitszertifikat erteilt, was Gøtzsche zu herber Kritik veranlasste, woraufhin sein Ausschluss von Cochrane beschlossen wurde. Im Interview erklärt eine Stimme aus dem Off, dass Gøtzsche eine bisher unveröffentlichte Studie durchgeführt habe, in der er den Zusammenhang zwischen den schweren, neurologischen Nebenwirkungen und der HPV-Impfung zeigen konnte. Da Gøtzsche den Autoren des Cochrane-Reviews wissenschaftliches Fehlverhalten vorgeworfen hat, ist es an der Zeit, seine Studie demselben strengen Reviewprozess zu unterziehen und anschließend zu sehen, ob seine Daten diese Meinung bestätigen können.

Denn bisher steht fest, dass für angebliche, neurologische Nebenwirkungen keine Nachweise vorliegen. Auf die Frage im Aufmacher von Report Mainz „Werden Risiken systematisch verschwiegen?“, lautet die Antwort somit: Nein.

Folgendes Zitat aus dem Beitragstext ist somit ebenfalls falsch:

„Die BZgA verspricht, schwere Nebenwirkungen seien weltweit auch nach 270 Millionen gegebenen Impfdosen nicht beobachtet worden. Diese Aussage ist schlicht falsch.“

Diese Aussage des BZgA ist korrekt, da bisher keine dieser angeblichen neurologischen Nebenwirkungen in Zusammenhang mit der Impfung gebracht werden konnte. Auch wurde festgestellt, dass die Zahl der POTS-Erkrankten bei den Geimpften nicht höher ist als in der ungeimpften Bevölkerung. Gleiches gilt für das Auftreten des komplex-regionalen Schmerzsyndroms. Zudem zeigen die vorliegenden Daten, dass die Impfung wohl keine Schübe dieser Krankheiten triggert.

Fazit

Der Beitrag von Report Mainz ist nicht durch Fakten gedeckt. Es existiert bis heute kein wissenschaftlich akkurater Nachweis über schwerwiegende neurologische Nebenwirkungen durch die HPV-Impfung. Dem gegenüber stehen zahlreiche Erfolgsmeldungen der Impfung, die das Risiko von Gebärmutterhalskrebs zuverlässig und dauerhaft senken kann. „Werden Risiken systematisch verschwiegen?“ ist ein Beitrag, der Unsicherheiten schürt, sich auf Meinungen stützt und viel Wert auf gefühlte Wahrheiten legt.

Mein Rat an alle Frauen und Männer, die sich durch diesen Beitrag in ihrer Impfentscheidung verunsichert fühlen lautet daher: Lasst eure Kinder impfen!

Autor Sebastian Schmalz ist Student der Biotechnologie & schreibt als Wissenschaftsjournalist unter anderem für die Ruhrbarone oder bloggt auf Nullius in Verba über allerlei kontroverse Themen, am liebsten aber über Glyphosat.