Pink stinkt mir
Ein feministischer Protest mit Strickanleitungen von „Brigitte“ ist vermutlich keiner – auch wenn superhübsche Frauen zur Zeit das Gegenteil behaupten
Wenn Business-Frauen und PR-Ladies einen feministischen Protest organisieren, kommt alles zusammen, was heute zu einer richtigen Kampagne dazugehört: Ein Claim, ein Hashtag, ein Symbol. Vielleicht auch eine Erkennungsfarbe. Pink zum Beispiel. Da denken manche an die Telekom, andere vielleicht an die neue FDP.
Die Initiatorinnen von #Pinkfirst und #Pussyhat dachten bei Pink an das Weibliche schlechthin. Seit Monaten finden deshalb weltweit Demonstrationen statt, bei denen pinke Häkelmützen mit angedeuteten Katzenöhrchen und pink lackierte Fingernägel eine zentrale Rolle spielen.
Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden. Gut, dass die Amerikanerinnen gegen Donald Trump auf die Straße gehen, gegen einen Präsidenten, der ein dramatisches Problem mit seiner Impulskontrolle hat und das Grabschen nach „Pussies“ für das angestammte Recht eines erfolgreichen Mannes hält. Im O-Ton sprach Trump natürlich nicht von „Kätzchen“ (engl. pussy), sondern von Muschis (engl. pussy).
Ich bin keine lebende „Hello Kitty“-Figur
Trump, Putin, Erdogan: Die drei Testosteron-Clowns lassen Raum für schlimmste Befürchtungen. Geht es für Frauen im Jahr 2017 wieder rückwärts? Ein solcher Rollback würde in der Türkei natürlich anders aussehen als in Amerika oder in Russland. Die entscheidende Frage ist immer dieselbe: Dürfen Frauen das Leben führen, das sie haben wollen? Gehört ihr Körper wirklich ihnen? Oder muss er züchtig verhüllt (Erdogan), der Reproduktion eines glorreichen Volkes dienen (Putin) oder „nur“ alte Säcke aufgeilen (Trump), um gesellschaftlich akzeptiert zu sein?
„Dein Körper gehört mir“, lautet das Credo der Frauenverächter. Es ist interkulturell, an keine Religion gebunden und leider nicht totzukriegen. Dagegen gehe ich jederzeit demonstrieren. Aber bestimmt nicht als lebende Hello-Kitty-Figur. Jetzt bringt die „Brigitte“ schon Häkelanleitungen für Katzenmützen. Ein schlechtes Omen. Auch wenn die Kosmetikindustrie es gerne anders hätte: Pinkfarbene Fingernägel als subtiler Protest gegen das Patriarchat sind mir viel zu subtil.
Bauern wissen, wie man demonstriert
Schon klar, die Pussyhat-Bewegung ist total ironisch, weil sie die Twentysomethings und die Thirtysomethings ansprechen will. Ironie ist was Feines, in einem Massenmedium wird sie aber meistens nicht verstanden. Keine Ahnung, ob das bei Straßen- und Netzprotesten anders ist. Meine spontane, nicht repräsentative Umfrage unter jungen Medienschaffenden ergab: Weniger als die Hälfte konnte Ende Mai noch zuordnen, dass die Katzenmützen auf das Pussy-Zitat von Donald Trump zurückgehen.
Lasst uns den Tatsachen ins Auge sehen: Ein adretter Protest ist vermutlich gar keiner. Auch wenn superhübsche Frauen das Gegenteil behaupten. Vielleicht sollten die Frauen sich von einer Berufsgruppe inspirieren lassen, die zwar nicht gerade den Ruf hat, fortschrittlich zu sein. Dafür weiß sie, wie man bei Demonstrationen die Sau rauslässt. Ich meine die Landwirte.
Als einstige Anwohnerin im Brüsseler EU-Viertel habe ich die Kreativität der französischen Bauern von Jahr zu Jahr mehr bewundert. Hektoliterweise Gülle über Hunderte von Kilometern zu transportieren – das muss man erst mal hinkriegen Auch die lebenden Schweine vor dem EU-Ministerrat waren groß. Nie werde ich vergessen, wie ein Besucher einmal seinen Flug verpasste, weil die Autobahn zum Flughafen mit Dreschfahrzeugen blockiert war. Von Katzen keine Spur.
Eine Schubkarre voll Mist
Eine Schubkarre voll Mist vor eine Haustür ist ein starkes Kommunikationsangebot. Olfaktorisch, optisch, reinigungstechnisch. Über passende Adressen müsste öffentlich diskutiert werden. Das wäre eine Gaudi und könnte komatöse Talkshows reanimieren. Ich persönlich würde mich über eine Ladung vor der Produzententür von „Germany’s Next Top Model“ freuen. Mit der Mist-Aktion würde man außerdem an einen Hashtag anknüpfen, der älter ist als die Pussyhats und zu Unrecht in Vergessenheit geriet: An #pinkstinks von der britischen Aktivistin Sylvie Schmiedel.
Bliebt das Beschaffungsproblem, weil die wenigsten Frauen zuhause Großvieh halten. Vielleicht zeigen sich die Landfrauen solidarisch? Man müsste größere Mengen Mist zwischenlagern und bei Bedarf mittels eines Pipeline-Systems an Ort und Stelle verbringen können. Wenn es ein Donald Trump ins Weiße Haus schafft, sollte auch das möglich sein.