Schäuble und der Tilgungsfetisch
Das Geld sprudelt nur so in die deutsche Haushaltskasse. Erneut kann sich der Staat über Überschüsse freuen. Doch den Plan, das Geld zur Schuldentilgung zu verwenden, findet die SPD-Generalsekretärin offenbar geradezu pervers.
Sechs Milliarden Euro plus hat der Bund 2016 gemacht. Zwar hat der Staat dieses Geld nicht erwirtschaftet, wie es in vielen Berichten zu den Haushaltsüberschüssen der vergangenen Jahre immer wieder heißt. Schließlich erwirtschaftet das Geld nicht der Staat, sondern seine Bürger. Der Staat nimmt ihnen das Geld lediglich ab und verteilt es um. Aber dennoch: Der Staat macht seit kurzem endlich keine weiteren Schulden.
Nun hat Finanzminister Wolfgang Schäuble vorgeschlagen, nicht nur keine weiteren Schulden zu machen, sondern sogar bestehende abzubauen. Die belaufen sich zurzeit auf mehr als zwei Billionen (das ist eine zwei mit zwölf Nullen) Euro, zwei Drittel davon entfallen auf den Bund, der Rest auf die Länder. 2016 musste der Bund knapp 24 Milliarden aus dem Staatshaushalt für die Zahlung von Zinsen ausgeben. Das entspricht in etwa dem Gesamtbudget des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Trotzdem versetzt Schäubles Plan die SPD in helle Aufregung. Parteichef Sigmar Gabriel fordert, das Geld in die Infrastruktur zu investieren. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley wirft Schäuble gar einen „Tilgungsfetisch“ vor.
Die Begleichung von Schulden als Fetisch zu bezeichnen, ist wahrlich ein originelles Konzept, das auch für den privaten Kreditnehmer ungeahnte Möglichkeiten eröffnet. Wer künftig von seiner Partnerin oder seinem Partner dafür kritisiert wird, den Bonus am Jahresende für den Kauf eines Neuwagens auszugeben, statt den Kredit für das Haus schneller abzuzahlen, kann sich dabei auf die geballte Finanzkompetenz der SPD-Generalsekretärin berufen. Und wer weiß, vielleicht kann man ja sogar mal die Bank mit dem Vorwurf des Tilgungsfetischs konfrontieren…