Die Proteste gegen Bernd Lucke offenbaren nicht nur ein autoritäres Gesellschaftsbild vieler linker Aktivisten, sondern auch ihre Mitverantwortung für den anhaltenden Erfolg der AfD.

Man kann verstehen, dass es nach dem Attentat von Halle ein großes Bedürfnis in der Gesellschaft gibt, gegen rechten Terror und die extremistischen Tendenzen innerhalb der AfD anzukämpfen. Die Art und Weise wie einige Linke diesen Kampf führen, hat aber nichts mit Demokratie zu tun.

Bernd Lucke ist nicht einmal ein aktives AfD-Mitglied. Ganz im Gegenteil: Er ist im Jahr 2015 aus der Partei ausgetreten, hat die rassistischen Tendenzen innerhalb der AfD kritisiert und eine Beobachtung vom Verfassungsschutz gefordert. Dennoch wurde er von einem linken Mob als «Nazi-Schwein» beschimpft, niedergebrüllt, geschubst, mit Müll beworfen und konnte den Vorlesungssaal der Hamburger Uni nur unter Polizeischutz verlassen. Ein Sprecher des Astas soll dem Dozenten sogar indirekt mit Gewalt gedroht haben: „Wir geben Ihnen jetzt die Möglichkeit, den Saal friedlich zu verlassen“. Gestern tauchten wieder Protestierer bei Lucke auf, wollten die Vorlesung stürmen und skandierten: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda.“

Es ist ironisch: Die Aktivisten wollen gegen rechten Extremismus ankämpfen, verhalten sich dabei aber totalitärer als die AfD. Obskur ist auch der Grund, den die Studenten für ihre Hassauslebung nannten: Lucke hätte als Gründungsmitglied den Erfolg und den Extremismus in der AfD zu verantworten. Auf Twitter wurde der Professor sogar mit Hitler verglichen.

Extremismus zementieren

Hier offenbart sich das autoritäre Bild, das viele Linke von Politik haben: Das Volk als eine stumpfe und unreflektierte Masse, das sich allein durch die Politik einer einzigen Person, eines starken Führers, schlagartig in einen rechtsradikalen Mob verwandeln lässt. Eine Gesellschaft also, die ohne den Protektionismus und die Sprechverbote einer linken Elite wie ein dummes Lamm in den Abgrund marschieren würde.

Selbst wenn Lucke die „gesellschaftlichen Verwerfungen“, wie es der Asta der Uni Hamburg ausdrückte, ganz allein zu verantworten hätte, wäre es dann nicht zu begrüssen, dass er die AfD dazu aufgerufen hat, die Rassisten aus der Partei zu schmeißen? Gerade nach Halle sollte es doch das Ziel sein, Extremisten wieder auf eine demokratische Schiene zu bringen. Für viele Linke gibt es aber nur ein Motto: Einmal „rechts“, immer „rechts“! Mit so einer Haltung bekämpft man keinen Extremismus, sondern man zementiert ihn.

Auf Twitter rechtfertigten sich einige Politiker und Journalisten als sie den Dozenten in Schutz nahmen. Man stimme ja mit Lucke politisch überhaupt nicht überein, man möchte ihn ja eigentlich nicht verteidigen, aber … Es ist erstaunlich, wie wichtig es für Menschen im öffentlichen Diskurs geworden ist, sich auch dann von der AfD abzugrenzen, wenn man einen Menschen verteidigt, der in aller Öffentlichkeit von einem tobenden Mob bedrängt wird – aus Angst, selbst ins Schussfeld zu geraten und als „rechts“, „rechtspopulistisch“ oder „AfD“ diffamiert zu werden. Es verwundert nicht, dass mehr als zwei Drittel der Deutschen sich davor fürchten, ihre Meinung zu sagen.

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Interessant ist auch, wer die Aktion von Hamburg befürwortet. So twitterte Robin Mesarosch, Mitarbeiter von Aussenminister Heiko Mass, dass die Studenten in Hamburg gerade „die Ehre dieser Gesellschaft“ retten würden. Der Asta-Sprecher Karim Kuropk, der den Studentenprotest organisiert hat, arbeitet indes für Ksenija Bekeris, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD in Hamburg.

Mitglieder einer Partei also, die sich permanent gegen Gewalt, Ausgrenzung und „Hass und Hetze“ ausspricht – solange sie den Richtigen trifft. Kurz: Nicht Lucke hat den Erfolg der AfD zu verantworten, sondern die Aktivisten selbst.