Der Wahlerfolg Van der Bellens ist kein „weiter so“ der Wähler an die Regierung.

Der Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige Chef der Grünen in Österreich Alexander van der Bellen wird der nächste österreichische Bundespräsident werden. Das vorläufige Ergebnis ohne Wahlkarten liegt derzeit (Stand 04.12. 22:30 Uhr) bei 51,68 Prozent zu seinen Gunsten.

In dieser dritten Wahl haben sich noch mehr Österreicher für Van der Bellen entschieden als beim letzten Mal. Der Gegenkandidat Norbert Hofer, der für die FPÖ angetreten ist, hat seine Niederlage bereits eingeräumt, und aber angekündigt, in sechs Jahren erneut für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren zu wollen.

So groß die Erleichterung über die Niederlage der FPÖ bei vielen auch sein mag: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die derzeitige österreichische Regierung sollte daher nun nicht den Fehler machen, die Wahl Van der Bellens  für ein „passt eh, was ihr da macht“ der Wähler zu halten. Der Erfolg des ehemaligen Grünen-Politikers ist von vielen nämlich nicht als „weiter so“ für die Regierung gemeint. Für so manchen ist das „Ja“ für Van der Bellen vor allem ein „Nein“ gegen Hofer und die FPÖ.

Österreich steht vor einer Vielzahl unerledigter Aufgaben und zeichnet sich seit Jahren vor allem durch eine gewisse Reformmüdigkeit aus. „Veränderung“, das ist ein Wort, das mittlerweile viel öfter aus rechtskonservativem Munde kommt. Wenn es der österreichischen Regierung – wie im übrigen den anderen europäischen Regierungen auch – jetzt nicht gelingt, diesen wichtigen politischen Begriff zurückzuerobern und mit Leben zu füllen, dann wird das Problem der wachsenden Zustimmung zu rechtskonservativen, populistischen Parteien nur bis zur nächsten Wahl vertagt.

 

Katharina Lotter ist Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH) und findet, dass Ökonomie zu wichtig ist, um sie allein den Spezialisten zu überlassen. Um als Journalistin einem breiteren Publikum Lust auf Wirtschaft zu machen, kündigte sie im Krisenjahr 2008 ihren sicheren Job in einer Unternehmensberatung, absolvierte Praktika bei dem Wirtschaftsmagazin „brand eins“ sowie der „Financial Times Deutschland“ und arbeitete einige Jahre als freie Autorin für u.a. „Die Welt“ und das Magazin „liberal“ der Friedrich-Naumann-Stiftung.