Der Komiker Nico Semsrott hatte seinen ersten Auftritt im Europäischen Parlament. Und der war alles andere als witzig.

Man kennt ihn aus beinahe jeder deutschen Familie – den einen Onkel, der bei Familienfeiern vor allem durch seine Kalauer auffällt, die immer ein bisschen zu schlüpfrig und immer ein bisschen zu unangenehm ausfallen, als dass man darüber lachen möchte.

Ein Scherzkeks ist auch Nico Semsrott, zumindest hält er sich für einen. Über viele Jahre hinweg hat er sich deshalb über die Kleinkunstbühnen dieser Republik geschleppt, hat dort Witzchen zum Besten gegeben, für deren Banalität sich selbst Fips Asmussen schämen würde – und ist letztlich für „Die Partei“ im Europaparlament gelandet.

„Es gab jetzt fünf Jahre lang 96 Abgeordnete aus Deutschland“, begründete er vor der Europawahl seine Kandidatur im Gespräch mit der „FAZ“.

„Ich weiß nicht, wie viel Sie von denen mitbekommen haben. Ich garantiere, dass man von mir etwas mitbekommen wird. Demokratie funktioniert nur über Öffentlichkeit, Kontrolle gibt es durch Aufmerksamkeit.“

Sagte er und gab damit zu erkennen, wofür er das Parlament hält: bloß eine weitere Bühne, auf der er seinen Narzissmus stillen kann.

Doch selbst nach seiner Ankunft in Straßburg hat Semsrott offensichtlich noch nicht verstanden, um was es sich bei dieser europäischen Institution handelt. Das lässt sein Auftritt am Dienstag im Plenum vermuten.

Während die Parlamentarier über die Kommissionspräsidentschafts-Kandidatur von Ursula von der Leyen debattierten, zog sich Semsrott die schwarze Kapuzenjacke aus und entblößte ein mit Werbebotschaften zugeklebtes T-Shirt mit Aufschriften großer Beratungsunternehmen wie KPMG und PESCO. „In einer gemäßigten Demokratie sollte man wenigstens so Werbebanner tragen, damit alle wissen, für wen man arbeitet“, schrieb Semsrott zu der Aktion später auf Twitter.

Höhö.

Auf den Gedanken, dass auch Beratungsunternehmen wie KPMG ein Recht auf parlamentarische Repräsentation haben – genauso wie Sozialverbände, Umweltaktivisten oder Freunde des jüdischen Staates – darauf käme der schlichte Scherzkeks Semsrott nicht. Denn für Demokratiekritiker wie ihn ist das Parlament kein Ort, an dem die (bisweilen widersprüchlichen) Wünsche und Bedürfnisse der Bürger verhandelt und anschließend in gesetzliche Kompromisse gegossen werden.

Nein, für ihn scheint das Parlament zu einem Ort geworden zu sein, an dem man nicht länger unterscheiden kann zwischen Politikern und Lobbyisten. Ein Ort, an dem nicht länger der Wille des Souveräns vertreten wird, sondern der Bürger um sein Recht gebracht wird.  Es ist tiefe Verachtung für die bürgerliche Demokratie, die da aus Semsrott spricht.

Und das, sehr geehrte Damen und Herren, ist alles, nur nicht witzig. Also hören Sie bitte auf zu lachen.