Wie lebt es sich als digitaler Nomade, unterwegs nur mit Freundin, Hund „Rania“ und Auto „Susi“? Im Tagebuch erzähle ich hier von den Vorteilen dieses Lebensstils – und von den teils extrem kostspieligen Fehlern, die mir bereits unterlaufen sind.

Viele Bildschirmarbeiter und Schreibtischtäter liebäugeln mit der Idee, auf ein Büro ganz zu verzichten, da ihr physischer Aufenthaltsort für Ihre Arbeit dank Internet nicht mehr relevant ist. Einige gehen einen Schritt weiter und verzichten gleich ganz auf einen Schreibtisch und das, was die meisten Menschen unter einem Zuhause verstehen. Ich bin seit etwas über einem Jahre einer dieser Digitalnomaden. Der längste Zeitraum, den ich am Stück im selben Bett geschlafen habe, liegt eben hinter mir: Ich wohnte sechs Wochen lang in einem wunderschönen Airbnb in Lissabon. Mein “Büro”, also ein Ort, an dem ich wertschöpfend tätig bin, ist in dieser Sekunde das Restaurant “Room Service” in Tel Aviv. Es waren aber auch mal ein Waschsalon in Granada, ein Straßencafé in Sevilla, ein billiges Tagungshotel in Valencia, ein Restaurant in Sète, der Pool eines Luxushotels in Tel Aviv, ein  Coworking Space in Lissabon, der Balkon eines Airbnb in Lissabon, der Strand von Tel Aviv, und Dutzende andere Orte, von denen ich keine Bilder auf Instagram gestellt habe. Da auch bei uns Salonkolumnisten gilt: “Fakten, Fakten, Fakten und immer an den Leser denken!” will ich mit diesem Stück knallharten Nutzwertjournalismus für jene bieten, die mit einem ähnlichen Lebensstil liebäugeln, und aus der Praxis berichten, was funktioniert und was wie furchtbar schief gehen kann. Es muss ja nicht jeder Fehler von jedem wiederholt werden.

Das überlaufende Fass

Ein Samstagabend im Januar 2017 in Berlin. Meine Freundin und ich verbringen die Nacht zuhause, denn obwohl wir eigentlich noch immer gerne ausgehen, bringen wir nicht mehr den unbedingten Feierwillen auf, den haben muss, wer dem Berliner Winter trotzen will. Es ist kalt. Und nass. Und windig. Und das nicht erst seit gestern. “Sonnenschein” ist ein seltenes astronomisches Phänomen. Wir haben eben Weihnachten in Porto und Silvester auf Madeira verbracht. Der Kontrast ist überwältigend. Ich mache, was man eigentlich nach der ersten Flasche Wein tunlichst unterlassen sollte: Auf Airbnb nach Wohnungen suchen. Von Februar bis Mai. Ein traumhaftes Altbau-Apartment in Lissabon springt mir ins Auge, denn hier stimmt alles: Die Lage zwischen Sao Bento und Principe Real, Holzboden, Blick auf den Tejo, Hunde willkommen – und der offenbar unerfahrene Vermieter hat einen grotesk hohen Langzeitbuchungsrabatt vorgegeben. “Buchung anfragen” – klick! Zwanzig Minuten später ertönt die Harfe der Airbnb-App auf meinem Telefon. “Äh, Schatz?” “Ja?” “Ich fürchte, wir müssen in den nächsten Tagen ein Auto anschaffen, denn wir ziehen in zwei Wochen nach Lissabon für vier Monate und dem Hund können wir keine Flugreise antun.”

Auto kaufen und losfahren? Nicht in Berlin!

Die Wahl fällt auf einen Suzuki Liana, weltbekannt aus Top Gear, wo er als “Reasonably Priced Car” von Boris Johnson, Gordon Ramsey, Gerry Halliwell und Jamie Oliver um die Teststrecke gejagt wurde. Ein unverwüstlicher kompakter Japaner mit Steuerkette, enormem Innenraumvolumen, neunzigtausend Kilometer, ein Vorbesitzer, Scheckheft, steht beim freundlichen Ägypter wie neu. Arabische Gebrauchtwagenhändler mögen der breiten Öffentlichkeit als in etwa so vertrauenswürdig wie CSU-Politiker gelten, doch unserer war super. Denn als Profi in Berlin hat er etliche Termine zur Zulassung Monate im Voraus geblockt – in der Failed Stadt hätten wir selbst den Wagen erst Monate nach der geplanten Abreise angemeldet bekommen.

Gelernt: Behördenversagen frühzeitig einkalkulieren!

Von langer Hand geplante Katastrophen

Kein wirklicher Fehler, sondern ein kalkuliertes Risiko war, die Berliner Wohnung für den Zeitraum unseres Auslandsaufenthalts bei Airbnb zu annoncieren. Das sollte sich aber noch rächen…

Im nächsten Beitrag: Von langer Hand geplante Katastrophen.

 

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Wie lebt es sich als digitaler Nomade, unterwegs nur mit Freundin, Hund „Rania“ und Auto „Susi“? Im Tagebuch eines Digitalnomaden erzählt David Harnasch von den Vorteilen dieses Lebensstils – und von den teils extrem kostspieligen Fehlern, die ihm bereits unterlaufen sind.