Ein Risiko: Mit Einnahmen aus einer auf Airbnb vermieteten Wohnung in Berlin kalkulieren. Ein Fehler: Die Tageszeit während der Onlinerecherche ignorieren.

[Zurück zu Teil 1] Ein gigantischer Fehler war hingegen, die Anreise minutiös zu planen. Eine Dummheit sondergleichen, deren künftige konsequente Vermeidung sich als ebenfalls nur so mittelschlau herausstellen sollte. Der zugrundeliegende Gedanke war, dass Hund und Auto die Wahl der Unterkünfte in einem Maß einschränken würden, das Vorsorge erfordert. Als routinierter Flugreisender verwende ich zur Etappenplanung natürlich Google. Eine der ambitionierteren Tagesetappen führte von Lille nach Saint-Emmilion. 800 Kilometer, machbar mit einstündiger Mittagspause in neun Stunden. Wenn man Google um 2 Uhr morgens am Wochenende fragt und das Reisedatum nicht beachtet.

Im echten Leben steht man dann natürlich mittags drei Stunden auf dem Pariser Ring im Stau. Kommt dann so spät auf dem reservierten Chateau an, dass dort niemand zu finden ist. Ruft die Verwaltung an, die zusichert, sofort jemanden zu schicken. Sucht weil es in Strömen regnet und stockfinster ist mit dem Auto – das Gelände ab, um den Eingang zu finden, den man offenbar verwechselte, da ja eben niemand gekommen ist. Landet beim Rückwärtsrangieren dergestalt im Graben, dass nichts mehr geht. Steigt aus in den strömenden Regen, um zu prüfen, was genau Sache ist. Flucht, weil der Hund die offene Türe nutzt, um ebenfalls in den Regen zu springen. Verzweifelt, weil eines der beiden Antriebsräder in der Luft freidreht.

Ruft nochmals bei der Verwaltung an, die nun nie zugesichert haben will, jemanden zu schicken, auf die in der Buchung angegebenen Checkin-Zeit verweist und sich angesichts der Tatsache, dass man auf ihrem Privatgrundstück mit einer Panne havariert ist und bis auf weiteres feststeckt, für nicht zuständig erklärt. Verzweifelte Versuche, den Wagen zu befreien scheitern. Ich sitze klatschnass im Auto und suche nach den Versicherungsbedingungen, denn ein Schutzbrief war hier durchaus enthalten, aber zu welchen Konditionen und welche Nummer man da anrufen muss keine Ahnung.

Der nasse Hund knurrt. Klappe, Rania! Aber hey: Lichter am Horizont!? Um halb zwei mitten im finstersten Nichts! Rausgesprungen, hingerannt, das Auto gestoppt. Zwei freundliche Teenager auf dem Heimweg: Die Tochter des Verwalters des Nachbar-Chateaus und ihr Freund sprechen zwar kein Englisch, aber nach dem Streit vorhin am Telefon funktioniert mein Schulfranzösisch, als hätte ich es nie vergessen. Sie holt den Vater zu Hilfe und mit vereinten Kräften schieben wir den Suzuki “Suzi” vom Kliff. Wir danken überschwänglich, fahren in die Stadt, checken spontan im Mercure ein, füttern den Hund, öffnen eine Flasche Wein, klappen das Notebook auf und erhalten die Email mit der fristlosen Kündigung für die Wohnung in Berlin.

Gelernt erstens: Google ist durchaus in der Lage, die Verkehrsdichte für Autoreisen zu antizipieren. Man muss eben die richtige Uhrzeit eingeben.

Gelernt zweitens: Allzu starre Reiseplanung ist Unsinn und zwingt zu idiotischen Etappenzielen.

Gelernt drittens: Das Berliner Zweckentfremdungsgesetz mag ein grottig formuliertes Werk sein, das obendrein seinen eigentlichen Zweck vollumfänglich verfehlt und de facto vielreisende Mieter enteignet – es ermutigt aber höchst effektiv dazu, als ehrenamtlicher Blockwart seine Nachbarn anzuschwärzen. Man darf sich bei der Reiseplanung nicht auf Einnahmen aus Airbnb verlassen.

Gelernt viertens: Es ist stets eine gute Idee, eine Flasche Wein griffbereit zu haben.

 

Im nächsten Beitrag: Redundanz, Redundanz, Redundanz!.

 

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Wie lebt es sich als digitaler Nomade, unterwegs nur mit Freundin, Hund „Rania“ und Auto „Susi“? Im Tagebuch eines Digitalnomaden erzählt David Harnasch von den Vorteilen dieses Lebensstils – und von den teils extrem kostspieligen Fehlern, die ihm bereits unterlaufen sind.