Wieder einmal ist es viel zu trocken. Ist das die neue Normalität durch den Klimawandel? Aktivisten sind sich sicher, obwohl Klimaprognosen etwas anderes sagen.

Endlich Regen! Wer in den vergangenen Tagen auf dem Land spazieren ging, konnte dem Wind dabei zusehen, wie er kostbare Ackerkrume von den ausgedörrten Feldern davontrug. Der April war viel zu trocken – wieder einmal. Die ausgiebigen Niederschläge im Februar konnten die Dürresommer von 2018 und 2019 nicht ausgleichen und die Böden hinreichend durchfeuchten. Bäume und Feldfrüchte leiden unter Trockenstress, Förster sorgen sich um ihre Wälder, Landwirte um ihre Ernte.

Die Probleme sind unbestreitbar, doch wie sieht es mit der Analyse aus? ZDF heute vermeldete am 25. April hellseherisch: „Deutschland steht wohl vor seinem dritten Dürre-Sommer in Folge!“. Die Grünen, die sich bekanntlich keine Katastrophe entgehen lassen, nicht einmal imaginierte, sprangen sofort auf, um selbst zu tun, was sie sonst so gerne anderen vorwerfen: Wetter zum Klima zu erklären. Der Co-Vorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, verkündete am Montag: „Wir sehen das ja gerade an der April-Dürre: Die Klimakrise geht nicht weg, nur weil ein Virus da ist.“ Der grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling bestätigte bei Twitter: „Ja, das ist der Klimawandel“ und verurteilte sogleich jeden, der den „Green New Deal“ der EU-Kommission nicht bedingungslos unterstützt. Ähnlich äußern sich die Aktivisten von Fridays for Future, die angesichts des dräuenden Dürre-Sommers von der CDU geforderte „schwächere Klimaziele & Milliarden für fossile Konzerne“ geißeln. Und Renate Künast rutschte vor Aufregung auf der Tastatur aus und twitterte: „Experten prognostizieren das seit Jahrzehnten..,,,,“

Dabei hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD) bereits am 24. April den aktuellen Wetterumschwung vorhergesagt. Zwar kann es trotz der nun endlich einsetzenden Niederschläge zu einem Dürresommer kommen, aber für eine sichere Aussage dazu ist es zu früh. Der DWD geht bei seiner Jahreszeiten-Prognose, die in etwa 60 Prozent der Fälle richtig liegt, von normalen Niederschlägen im Sommer aus. Die medialen Spekulationen über einen „Horrorsommer“ seien wissenschaftlich nicht haltbar.

Fazit: Eine weitere Trockenphase kann kommen, muss aber nicht. Und wie ist es mit dem Klimawandel als Ursache? Da ist es ähnlich – auch wenn der MDR auf seiner Internetseite die wissenschaftliche Diskussion kurzerhand beendet mit der Überschrift: „Klimawandel führt erneut zu Dürre“.

Nasser, nicht trockener

Das passt allerdings nicht so recht zum Nationalen Klimareport des DWD. Dort lautet die Prognose bis 2050: „Berechnet wird eine Zunahme des mittleren Jahresniederschlags um 5 % (mittlere Übereinstimmung).“ Allerdings sagt eine derart geringe Veränderung nicht viel aus, weil sie „nicht von der natürlichen Klimavariabilität unterschieden werden kann“.

Zwar war der April nun schon mehrere Jahre in Folge zu trocken, für die Zukunft rechnet der DWD aber mit feuchteren Frühjahren: „In den Übergangsjahreszeiten zeigen sich für diesen Planungshorizont Zunahmen der mittleren Niederschlagssumme von +3 % (Herbst) bzw. +8 % (Frühjahr) (mittlere Übereinstimmung).“ Für Oliver Weiner, Meteorologe beim DWD, muss das kein Widerspruch sein: „Auch wenn es langfristig nasser wird, sind intensive Trockenphasen möglich. Es gibt einen Trend zu Extremen.“ Die Trockenheit lasse sich mit dem Klimawandel erklären, für eine sichere Zuordnung sei es aber zu früh.

Das bestätigt auch der Klimaforscher Hans von Storch: „Ein Nachweis ist noch nicht erbracht.“ Die häufig zu lesende Erklärung der langen Trockenphasen als Folge einer überdurchschnittlich schnellen Erwärmung der Arktis, was zu einer Abschwächung der Starkwindbänder in der oberen Troposphäre führe, bezeichnet von Storch als „populär, aber nicht bewiesen“. Nach zwei oder womöglich drei trockenen Jahren sei es schlicht zu früh, um sicher zu sein.

Wissenschaftliche Redlichkeit bleibt auf der Strecke

Denn Klimaforschung ist mit großen Unsicherheiten verbunden. In die Medien schaffen es diese Unsicherheiten aber nur selten. Als Ergebnis stehen sich in der Öffentlichkeit zwei unversöhnliche Lager gegenüber, moniert der Wissenschaftsjournalist Axel Bojanowski, der lange Zeit für den Spiegel über Klimafragen berichtet hat: „die Risiko-Verschweiger und die Unsicherheiten-Verschweiger“. Das Problem: „Beide Lager verschweigen einen wichtigen Teil der Realität“, so Bojanowski. Zu den Prognosen, denen laut eigener Einschätzung des Weltklimarats nur bedingt Vertrauen entgegengebracht werden kann, zählen übrigens auch solche zu Dürren.

Und da sich Zweifel nur schwer in politische Slogans gießen lassen, bleibt die wissenschaftliche Redlichkeit in der politischen Klimadebatte auf der Strecke.

Es ist durchaus möglich, dass die aktuelle Trockenheit auf einen langfristigen Klimatrend zurückzuführen ist. Wissen können wir das nicht. Sollte es aber so sein, dann ist dürregeplagten Landwirten und Förstern mit Grünen Deals und strikteren Klimazielen nicht geholfen. Das würde angesichts der Trägheit des Klimasystems nämlich an der Situation nichts ändern. Stattdessen wäre Anpassung das oberste Gebot. Dazu bedarf es bodenschonender Anbaumethoden wie der Mulchsaat und der möglichst raschen Züchtung trockenstressresistenter und grundsätzlich klimaangepasster Sorten. Ersteres ist ohne Glyphosat nur schwer möglich, letzteres ist auf moderne Züchtungsmethoden wie das Genome Editing angwiesen. Beides wird ausgerechnet von denjenigen abgelehnt, die sich derzeit so lautstark um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft sorgen.

Dieser Artikel ist in einer anderen Fassung zuerst in der Kolumne „Kaufmanns Konter“ in der Braunschweiger Zeitung erschienen.