Trumps Präsidentschaft nach einem Jahr und 89 Tagen
Man vergisst ja so viel. Deswegen sei hier kurz festgehalten, was sich in der vergangenen Woche ereignet hat:
Zunächst kündigte der amerikanische Präsident an, er werde demnächst seine Truppen aus Syrien zurückziehen.
Wenig später startet die syrische Regierung einen Angriff mit Giftgas auf die eigene Bevölkerung (ich bin jetzt zu faul, um nachzuschauen, aber ich glaube, es war laut „Human Rights Watch“ zum sechzigsten Mal).
Daraufhin warnt der amerikanische Präsident die Russen, dass er einen Angriff mit Raketen plane. Das Pentagon weiß offenbar noch nichts davon. Die Russen und die syrische Regierung nützen die Zeit, um ein russisches Kriegsschiff aus der Feuerzone zu bewegen und syrische Waffen in Sicherheit zu bringen. Dann feuern wir zusammen mit unseren britischen und französischen Verbündeten eine Volley von Raketen ab, die naturgemäß völlig wirkungslos bleibt. (Manche loben, wie „maßvoll“ die Reaktion gewesen sei. In Deutschland, höre ich, verurteilen ein paar Leute den Mann im Weißen Haus als Kriegstreiber.)
Nikki Haley, die UNO-Botschafterin der Vereinigten Staaten, kündet vor dem Wochenende schärfere Sanktionen gegen Russland an.
Nach dem Wochenende heißt es aus dem Weißen Haus, Nikki Haley habe da etwas missverstanden: Es werde keine schärferen Sanktionen geben. Die düpierte Nikki Hailey erwidert, sie neige nicht zu Missverständnissen.
Hailey bitte nicht ernst nehmen!
Mittlerweile wissen wir, dass Trump auf Nikki Haleys Ankündigung von schärferen Sanktionen mit einem Wutanfall reagiert hat. Und dass das Weiße Haus sofort Moskau verständigte, die russische Regierung solle Nikki Haleys Worte doch bitte nicht ernst nehmen.
Einen Trump´schen Wutanfall löste auch aus, als er vor ein paar Tagen erfuhr, dass die Vereinigten Staaten als Antwort auf einen Angriff mit Nervengift, also einer Massenvernichtungswaffe, in einer britischen Stadt mit der Ausweisung von sechzig russischen Diplomaten reagiert hat. Er habe befohlen, genau so viele Diplomaten auszuweisen wie die EU!, fluchte der Präsident. Nicht mehr! Auf den Hinweis, dass die EU insgesamt ungefähr sechzig Diplomaten ausgewiesen habe, konterte Trump: Aber Deutschland und Frankreich hätten jeweils nur vier ausgewiesen!
An dieser Stelle eine Zwischenfrage: Gibt es eine andere schlüssige Erklärung für Trumps Verhalten als die, dass er schreckliche Angst vor den Russen hat und alles tut, was in seiner Macht steht, um ihnen seine Loyalität zu beweisen? Wenn es eine gibt, wüsste ich sie gern.
In der Zwischenzeit tourt James Comey, der ehemalige FBI-Direktor, den Trump entlassen hat, weil er Trumps Russland-Kontakte untersuchen wollte, mit einem autobiografischen Buch durch die Lande und erklärt im amerikanischen Fernsehen, der Präsident sei moralisch seiner Aufgabe nicht gewachsen. Trump fordert daraufhin, den Mann einzusperren. (Würden alle, die sagen, Obama sei im Grunde doch genauso verkommen und narzisstisch wie Trump, jetzt bitte mal den Mund halten? Obama hat nie gefordert, Kritiker einzusperren. Auf den rassistischen „birther“-Mythos – also die Lüge, Obama sei gar kein Amerikaner –, der von den Russen erfunden und von Trump kräftigt weiter verbreitet wurde, hat er nicht mit Wut reagiert, sondern mit Coolness und Humor.)
Junge für alles
Die Staatsanwaltschaft ein einem Distrikt von New York lässt das FBI das Büro von Michael Cohen untersuchen, der sich Anwalt nennen lässt, in Wahrheit aber Trumps Junge für alles ist. Trump nennt dies einen Angriff auf Amerika. Bei einer Anhörung in New York stellt sich heraus, dass zu Michael Cohens Klienten auch Sean Hannity gehört. Sean Hannity ist so etwas wie Trumps persönlicher Propagandaminister auf „Fox News“. „Fox News“ erklärt, das sei völlig in Ordnung.
Hannity und andere fordern auf „Fox News“ jetzt schon seit Wochen, Rod Rosenstein zu entlassen. Rosenstein hat Sonderermittler Bob Mueller eingesetzt, der Trumps Russlandkontakte (und alles, was sich aus diesen Kontakten ergibt, auch die Frage, ob Trump die Ermittlungen behindert hat) untersucht. Würde er gefeuert, könnte sein Nachfolger die Untersuchungen des Robert Mueller von innen heraus still abwürgen.
Laut Umfragen verlieren die Demokraten den Vorsprung, der ihnen für die „midterm elections“ im November prognostiziert wurde. 47 Prozent der Amerikaner würden keinen Kandidaten wählen, der ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump unterstützt. Die Republikaner im Kongress weigern sich standhaft, ein Gesetz zu beschließen, dass die Mueller-Untersuchung vor Trump beschützen würde. 40,2 Prozent der Amerikaner unterstützen (Stand: heute) den Präsidenten. Ein Bekannter aus Deutschland, der übers Wochende zu Besuch kam, sagte höhnisch: Natürlich wird Trump wiedergewählt!
Die einzige, die sich in all dem Trubel offenbar überhaupt nicht einschüchtern lässt, ist die Pornodarstellerin Stormy Daniels.