Ausweitung der Kampfzone! Weil Feministinnen nicht mehr von echter Gewalt und Diskriminerung betroffen sind, müssen sich sich nun vom generischen Maskulinum oder einem männlichen Blick in einem Gedicht verletzt fühlen. Dabei geht es ihnen nur darum: Macht!

Ich glaube nicht, dass sich durch das Gendern der Sprache Sexismus beseitigen lässt. Ich bewerte doch eine Person nicht anders, bloß weil ihr Genus auf dem Papier vorhanden ist. Menschen, denen es Spaß macht, andere Menschen zu unterdrücken, werden sich nicht durch ein Sternchen davon abhalten lassen. Und die Eroberung der Spitzenposition im Dax-Konzern wird für Frauen nicht einfacher werden, wenn das Unternehmen das Binnen-I einführt.

In meinen Augen ist das Gendern der Sprache reine Symbolpolitik, weil der Feminismus nichts mehr zu tun hat. Motto: Wenn es keine Dinge mehr gibt, die mich verletzen, muss ich eben einfach immer sensibler werden. Deswegen fühlen sich Feministinnen auch nicht mehr von echter Gewalt und Diskriminierung verletzt, sondern von einem generischen Maskulinum in einem Gesetzestext oder von einem männlichen Blick in einem Gedicht.

Wohin diese Verletzlichkeit führen kann, wurde bei der Affäre um Lann Hornscheidt deutlich, DER (jetzt steht es da) wegen seiner Transsexualität mit einem neu erfundenen Genus, der Endung X angesprochen werden wollte. ProfX also hat sich mittlerweile auf seiner Homepage ein neues Genus ausgedacht: Die Endung –ecs, denn es steht für „Exit Gender, das Verlassen von Zweigeschlechtlichkeit“. Profecs gibt auf seiner Homepage auch ein paar Beispielsätze für die richtige Verwendung. Dort steht etwa: „Lann und ecs Freundecs haben ecs Rad bunt angestrichen.“ Oder: „Ecs lädt häufig dazu ein, einen Roman zu besprechen. Lann ist Lesecs von vielen Romanen.“ („vieler Romane“ wäre stilistisch weit besser)

Moralischer Freifahrtschein

Letztendlich geht es dem durchgeknallten Profecs wie den Feministinnen um Macht: Denn wer bestimmt, dass mit Unterstrich, mit –ecs  oder mit Sternchen gegendert wird? Wie kann es sein, dass eine kleine Minderheit – im Falle des Profecs tatsächliche eine einzige Person – darüber entscheiden kann, wie der Rest des Landes sich sprachlich zu verhalten hat?

Das Sternchen im Text ist so etwas wie ein moralischer Freifahrtschein, ausgestellt von der feministischen Sittenbehörde. Ist er da, kann man den Sprecher zur Avantgarde der Gutmenschen zählen, ist er nicht da, ist der Sprecher ein Sexist. Auf diese Weise kann man die Welt zumindest sprachlich in Gut und Böse einteilen. Die Grünen haben schon mal angefangen.

Vielleicht ist es auch diese Arroganz des Feminismus, die mich so stört: Dass er sich anmaßt, den Rest der Menschheit mit seiner Moral belehren zu können – dass er per se davon ausgeht, dass seine Mitmenschen einfach zu dumm, zu ungebildet, zu wenig „poststrukturalistisch“ sind, um sich moralisch angemessen zu verhalten.

Schlechtes Gewissen als Waffe

Die ultimative Waffe bei diesem Krieg der Sternchen ist das schlechte Gewissen. Denn die Annahme, dass man ein kaltherziger Unmensch ist, der sich nicht für die Interessen von diskriminierten Minderheiten einsetzt, schwingt bei jedem gesetzten Sternchen, bei jeder Diskussion mit. Immer. Das führt so weit, dass meine Kommilitonen teilweise Angst haben, ihre Arbeiten nicht zu gendern, weil sie einen Notenabzug von ihrem Professor befürchten. Punktabzug nicht wegen inhaltlicher, sondern wegen moralischer Verfehlung.

Die Forderung der Gleichheit, durchgesetzt mit Angst und Schrecken. Das gab es schon mal: Bei den Sowjets und bei der Stasi.

Ich habe keine Lust, mir vorschreiben zu lassen, wie ich meine Sprache verwenden soll. Auch brauche ich keinen sprachlichen Garant für meine Menschlichkeit. Ich bin es einfach.