Weder die „Fridays for Future“ noch „Extinction Rebellion“ sind der Nährboden für Ökoterrorismus.

Natürlich stellt sich die Frage nach Parallelen. Steht uns bald Ökoterrorismus einer „Grünen Armee Fraktion“ ins Haus? Und: Sind die „Fridays for Future“ und „Extinction Rebellion“ das Milieu, auf dem eine militante und gewaltbereite Gruppe gedeihen kann? Sind FFF und XR mit ihrer Untergangsrhetorik die Enabler einer solchen Kraft?

Kollege Jurtschitsch hat das alles mal durchgespielt und ein schlüssiges Szenario aufgeschrieben. Und dennoch liegt er falsch. Er schreibt, dass keine 30 Jahre nach dem Terror und den Morden der RAF Greta, Luisa Neubauer und die FFF „die alten Fehler wiederholen“ wollten. Ganz wie damals sei außerdem das heutige Bürgertum ganz verzückt von den Klimaprotestbewegungen. Dessen Vertreter wälzten sich in „Selbstanklagen“ wegen ihrer eigenen Schuld am Klimawandel. Und damit – so legt es der Text nahe – legitimiere das Bürgertum in letzter Konsequenz auch Gewalt.

Man muss Jurtschitsch an einer Stelle Recht geben: FFF – und mehr noch Extinction Rebellion – nutzen den Klimawandel als Vehikel, um uralte sozialistische Ideen als Lösung zu preisen. „A- Anti- Anticapitalista“ wurde beim Sommerkongress der „Fridays for Future“ so oft und herzlich gebrüllt wie „Kohle, Kohle, Kohle – Stopp! Stopp! Stopp!“ Bei den Berliner XR-Blockaden war ein Fähnchen zu sehen, auf dem zu lesen war: „Grüner Kapitalismus ist Gewalt.“ Und dass Luisa Neubauer Gruppierungen innerhab ihrer Bewegungen begrüßt, die den Kapitalismus und damit die Geschäftsgrundlage jeder freien Gesellschaft in Frage stellen, zeigt, wie wenig ernst es FFF damit ist, tatsächlich überparteilich zu sein. Wer an die freie und offene Gesellschaft glaubt, wird so bewusst vergrault.

Im Kern konservativ

Aber: Das alles hat mit Terror und Gewalt noch nichts zu tun. Und wird es absehbar nicht. Anders als die 68er und die aus ihnen erwachsene Rote Armee Fraktion tragen weder die „Fridays for Future“ noch XR einen grundsätzlichen Konflikt mit den eigenen Eltern aus. Heute geht es nicht darum, herauszufinden, was die eigene Mutter und der eigene Vater in einer massenmordenden Diktatur getan haben. Heute geht es auch nicht darum, die Schuld der eigenen Familie erträglich zu machen, indem man den Nachfahren ihrer Opfer unterstellt, sie würden mit den Palästinensern nicht anders verfahren als die Deutschen mit den Juden. Stattdessen stammen die „Fridays for Future“ aus Akademikerhaushalten mit Protesterfahrungen, die die Aktionen ihrer Kinder nicht selten ausdrücklich begrüßen und unterstützen.

Wer sich mal ein sogenanntes Plenum der Bewegung angesehen hat, dürfte die Idee einer baldigen Radikalisierung zügig verwerfen. Der Umgang miteinander ist betont höflich und rücksichtsvoll, beinahe bürgerlich. Ich habe mir selbst mal eine solche Versammlung in Leipzig ansehen dürfen, bei der sogar darüber gesprochen wurde, die Stadt zu reinigen. Bei FFF ist die Devise nicht: „Macht kaputt, was euch kaputt macht!“, sondern eher: Lasst uns die Welt erhalten, wie sie ist! Trotz ihrer antikapitalistischen Verirrungen ist der Kern der Bewegung konservativ. Und dass Jugendliche eher links ticken, wussten wir schon vor FFF und XR.

Die tiefen Verwerfungen und Verdrängungen der Post-NS-Gesellschaft waren der notwendige Nährboden der Gewalt, die sich aus 1968 ergab. Solche Gräben haben wir heute nicht – egal wie sehr sich das Bürgertum dafür geißeln mag, eine Klimaapokalypse herbeikonsumiert zu haben. Außerdem würde ein Verbrecher wie Andreas Baader keine Bewunderung von den im Kern konservativen Klimaprotestlern ernten.

Eher Ekel und Abscheu.