Die neuste hilflose Idee im Kampf gegen den Antisemitismus: Jeder Deutsche und jeder Migrant soll einmal im Leben ein KZ besichtigen. Das ist perfide und nutzlos. Die Leute sollten lieber nach Tel Aviv reisen, statt nach Auschwitz.

In Deutschland wird über den wieder zunehmenden Antisemitismus diskutiert und darüber, was gegen ihn helfen kann. Eine Idee ist dabei, dass jeder Deutsche und jeder Migrant einmal im Leben ein Konzentrationslager besuchen muss. Die Hoffnung dahinter ist, dass dieser Ort des Schreckens die Menschen von jedem Judenhass heilt. Man kann der Politikerin Sawsan Chebli, die diesen Vorschlag in die Debatte brachte, sicherlich gute Motive unterstellen, und trotzdem ist ihre Idee bei genauerem Hinsehen nicht nur unbrauchbar, sondern außerordentlich perfide.

Sie folgt der gleichen Logik, die hinter dem Vorwurf steht, dass die Juden „aus Auschwitz nichts gelernt haben“. Dieser Tadel wird gerne erhoben, wenn es wieder zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern kommt, und verklärt die deutschen Vernichtungslager zu Orten, die man entweder tot oder als besserer Mensch wieder verlässt. Auch auf heutige Besucher sollen sie eine Wirkung haben, die sie weniger hasserfüllt und vorurteilsbeladen machen, hoffen die Befürworter dieser Reisen. Wenn es so einfach wäre, könnte sich der Antisemitismus mit ein paar Führungen durch die Baracken von Auschwitz erledigen. So einfach ist die Sache aber leider nicht.

„Israelkritik“

Hinzu kommt, dass der Judenhass sich aus verschiedenen Quellen speist und der Holocaust nicht geleugnet werden muss, um Antisemit zu sein. Im Gegenteil argumentieren viele Antisemiten ja gerade damit, dass die Juden den Holocaust ausnutzen, um sich Vorteile zu verschaffen. Wer so denkt, kann ehrlich betroffen über das Gelände eines Vernichtungslagers laufen und muss trotzdem nichts an seiner Meinung ändern. Das eine schließt das andere nicht aus.

Eine weitere Quelle ist die „Israelkritik“, die vor allem im arabisch-muslimischen Raum oft mit antisemitischen Bildern arbeitet. Schon im palästinensischen Kinderkanal wird vor den Juden gewarnt, der türkische Präsident Erdogan hält Israel für schlimmer als Nazideutschland und der Iran träumt davon, das „zionistische Gebilde“ von der Landkarte zu fegen.

Wenn Deutschland wirklich etwas gegen den Antisemitismus tun will, muss es ihn da attackieren, wo er aktuell am vitalsten ist. Und das ist er in der Verkleidung der „Israelkritik“ (und nein, das heißt nicht, dass Kritik an Israel automatisch antisemitisch ist). Es kursieren viele Gerüchte und Vorurteile über dieses Land, die mit der Wirklichkeit vor Ort nichts zu tun haben. Um diese zu zerstreuen, sollten besser Reisen nach Tel Aviv statt nach Auschwitz angeboten werden. Schließlich ist antiisraelische Propaganda oft die „Einstiegsdroge“ für ein antisemitisches Weltbild. Dabei würde es schon reichen, einmal die Strandpromenade in Tel Aviv entlangzulaufen, um zu wissen, dass der „Apartheid“-Vorwurf gegen Israel absurd ist. Wer Israel aus eigener Anschauung kennt, wird künftig nicht mehr so einfach auf solche Propaganda reinfallen. Deswegen: auf nach Israel!