Wer Krim sagt, muss auch Schleswig sagen
Die Forderung der Dänischen Volkspartei nach einer neuen deutsch-dänischen Grenze wird belustigt zur Kenntnis genommen. Dabei ist sie gefährlich. Uns fällt die Putinversteherei auf die Füße.
Haben sich deutsche Putinversteher bereits zum Vorschlag des Vize-Chefs der Dänischen Volkspartei (DF) geäußert? Ist Matthias Platzeck schon begeistert? Wirbt die SPD bereits um Verständnis? Søren Espersen, der auch Vorsitzender des Auswärtigen Ausschuss des dänischen Parlaments ist und dessen Partei die Minderheitsregierung des Landes stützt, wünscht sich im Namen der DF „ein Dänemark bis zur Eider“. Das würde bedeuten: Die Inseln Sylt, Föhr und Amrum und die Städte Flensburg und Husum würden dänisch. Lächerlich, absurd? Eben nicht: Wer Krim sagt, muss auch Schleswig sagen.
Deswegen ist der Reflex, sich über Espersen lustig zu machen, ziemlich daneben. Susanne Gaschke hat heute in der „Welt“ „Schleswig zu Dänemark!“ (Online wurde die Überschrift etwas entschärft) gefordert und eine lustig gemeinte Aufzählung vermeintlich guter Gründe dazu gestellt. Kostprobe: „Schleswig-Holsteins Sterneköche, besonders auf Sylt, haben die fragwürdige Tendenz entwickelt, nur noch mit Queller, Seetang und Treibholz zu kochen. Es wird ihnen guttun, sich zur Abwechslung auf Variationen vom Hot Dog an seiner Currysauce einzulassen.“
5. Kolonne des Kreml
Das Problem ist: Espersen gehört einer Partei an, die auf „Kuschelkurs mit Wladimir Putin“ ist, wie das „Flensburger Tageblatt“ vor ein paar Wochen feststellte. Es geht hier also nicht um Folklore, sondern um die weitere Destabilisierung Europas. Vor drei Jahren wurde mit der Krim-Annexion ein böser Geist aus der Flasche gelassen. Dass Europa nur mit halbherzigen Sanktionen reagierte und die Ukraine im Stich gelassen hat, holt uns jetzt ein.
Nichts hat den europäischen Nachkriegsfrieden so sehr gesichert, wie der Umstand, dass Minderheitenfragen regionalpolitisches Alltagsgeschäft waren und lediglich ultranationalistische Extremisten die Verbindlichkeit von Grenzen anzweifelten. Jetzt machen das Parteien, die Regierungen stützen. Die ersten Schritte auf dem Weg zu einem Krieg sehen so aus.