Der amerikanische Präsident hat die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) angeblich angewiesen, die Worte „wissenschaftsbasiert“ und „evidenzbasiert“ nicht mehr zu verwenden. Europa ist empört und das ist scheinheilig. Denn Trump holt nur nach, was in der EU auf Betreiben von sozialdemokratischen, linken und grünen Parteien längst gilt.

Die Liste der Vokabeln, die die CDC in offiziellen Dokumenten nicht mehr verwenden sollen,  umfasst noch weitere Worte, darunter „Fötus“, „Diversität“ und „transgender“, und es ist klar, dass Trump damit vor allem die Beratungsleistungen der CDC rund um die Themen Sexualität, Transgender-Probleme, Abtreibung, Impfen und embryonale Stammzellen treffen will.

Interessant ist an Trumps Anweisung, dass manche Worte ab jetzt nicht einfach verboten sind, sondern ersetzt bzw. durch Erklärungen ergänzt werden sollen. Statt „wissenschaftsbasiert“ soll es in Zukunft heißen: „Die CDC gründen ihre Empfehlungen auf Wissenschaft unter Berücksichtigung öffentlicher Standards und Wünsche“ (CDC bases its recommendations on science in consideration with community standards and wishes).

Wer die Aufregung in Deutschland um die Zulassungsverlängerung von Glyphosat in den letzten Wochen verfolgt hat, wird feststellen, dass Umweltschutzorganisationen, Grüne, Linke und SPD genau das fordern: Die wissenschaftliche Bewertung durch die in Europa und Deutschland per Gesetz zuständigen Institutionen soll nicht alleiniger Maßstab sein. Vielmehr soll eine Zulassung stattdessen die öffentlichen Standards und Wünsche berücksichtigen, die NGOs und ihre parlamentarischen Lobbyisten zunächst durch emotionalisierende Kampagnen („Glyphosat tötet alles!“) hergestellt und dann durch Umfragen und Unterschriftenkampagnen „ermittelt“ haben.

EU macht es vor

Der europäische Präzedenzfall fand sogar schon 2014 statt, als die EU-Kommission dem Drängen von NGOs und  Parteien nachgab und die Rolle des EU Chief Scientific Adviser (CSA) ersatzlos strich.  Anne Glover, die den Posten seit 2012 innehatte, hatte den Zorn der Aktivisten auf sich gezogen, weil sie der Grünen Gentechnik gegenüber aufgeschlossen war. Im Jahr danach ging es weiter. Europäisches Parlament und Europäischer Rat beschlossen, jedes Mitgliedsland könne Pflanzen, bei deren Züchtung Gentechnik im Spiel war, auf ihrem Territorium verbieten, auch wenn diese hinsichtlich Gesundheit und Umweltverträglichkeit durch die zuständigen Institutionen als unbedenklich bewertet wurden.

Im Gesetz heißt es dazu überdeutlich:

„Da jeder zugelassene GVO eine strenge Sicherheitsüberprüfung durch die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Mitgliedstaaten durchlaufen hat, kann ein Opt Out nach der Richtlinie nicht damit begründet werden, dass die Pflanze Gefahren für Gesundheit oder Umwelt birgt. Vielmehr müssen davon unabhängige Gründe angeführt werden.“

Und wie sehen die davon „unabhängigen“ Gründe aus? Sie sind wolkig formuliert: umwelt- und agrarpolitische Ziele, die Vermeidung von „sozioökonomischen Auswirkungen“, das „Allgemeinwohl“ und die „Wahrung der öffentlichen Ordnung“.

 

 

Mit anderen Worten: Obwohl es – wissenschaftsbasiert begründet – keinerlei Gefahren für Gesundheit oder Umwelt gibt, werden Befürchtungen, Ängste und Gefühle ins Feld geführt, die unterstellen, es gebe durch grüne Gentechnikpflanzen eben doch Gefahren für Umwelt, Gesundheit und Gemeinwohl.

Trump setzt also genau das um, was seit Jahren integraler Bestandteil der Programme sozialdemokratischer, linker und grüner Parteien ist: die Abkehr von der wissenschafts- und evidenzbasierten Zulassung von neuen Technologien und die Hinwendung zu einer Zulassungspolitik, die die Emotionen berücksichtigt, die religiöse und quasi-religiöse Vereinigungen geschürt haben.

Wissenschaft und Industrie kneifen

Widerstände sind in Europa kaum noch zu erwarten. Wissenschaft und Wissenschaftsvereinigungen haben 2014 bei der Entlassung von Anne Glover noch leise gemurrt. Zu der skandalösen Opt-Out-Richtlinie im Jahr darauf haben sie ebenso beharrlich geschwiegen wie sie zum hysterischen Glyphosattheater den Mund gehalten haben. Spitzenforscher ziehen längst die innere oder gleich die äußere Emigration vor. Asiatische Länder und (bis vor kurzem) die USA bieten weit bessere Bedingungen für Forschung ohne Gängelung durch Anti-Gentechnik-, Tierrechts- und Umweltschutzaktivisten und weitaus bessere Chancen, die Früchte der Forschung angewandt zu sehen.

Auch die Industrie hat sich längst damit abgefunden, dass sich neben den staatlichen Zulassungs- und überwachungsverfahren längst Parallelprozesse etabliert haben: Wessen Produkt bei Ökotest durchgefallen ist (die Anforderungen der Ökotest-Macher sind völlig intransparent und werden von Test zu Test verändert), kann es nicht mehr verkaufen und ist gezwungen, die Rezeptur zu ändern oder es vom Markt zu nehmen. Da ist es kein Wunder, dass Handelsketten wie die Rewe International AG NGOs wie Global2000 (die österreichische Schwesterorganisation des BUND) schon seit 2003 Jahr für Jahr große Summen zahlen (2013 waren es 600.000 Euro, etwa 1/3 des damaligen Global2000-Budgets), um die NGOs zu besänftigen. 2013 waren 15 „Agrarexperten“ der Lobbyvereinigung damit beschäftigt, das Obst- und Gemüseangebot von Rewe zu kontrollieren. Rewe-Vorstandschef Frank Hensel gab zu Protokoll, er lege Wert auf die Feststellung, „dass die Global 2000-Ingenieure ausschließlich selbst darüber entscheiden, ob Produkte oder ein Lieferant gesperrt werden.“

Auch die Caritas, die sich gegen Gentechnik und konventionelle Landwirtschaft positioniert, darf bei Rewe mitmischen. Bei der österreichischen Handelskette Hofer ist Greenpeace im Boot, die Bäckereikette Ölz arbeitet mit Vier Pfoten, Ikea mit dem WWF zusammen.

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann nach der Zulassung von Pestiziden und Gentechnikpflanzen auch die Zulassung von Medikamenten und anderen Technologien ein Opfer der Empörungsindustrie werden. Was dort zu holen ist, dürfte die Beträge, die derzeit bei Handelsunternehmen eingesammelt werden, um ein Vielfaches übersteigen. Es braucht nur noch einen Anlass, der sich für eine Skandalisierung eignet und dann als Symbol für die verhasste „Schulmedizin“ und die „Pharmamafia“ ausgegeben werden kann.

 

Anmerkung 18.12.17

Die Direktorin der CDC, Brenda Fitzgerald, hat inzwischen bestritten, dass es ein explizites „Verbot“ bestimmter Worte gebe. Bestritten wird aber nicht, dass bestimmte Umschreibungen besser geeignet seien, in Zukunft Programmförderungen zu bekommen.