Deana Mrkajas Vater war ein sehr talentierter Fußballer und hätte es weit bringen können. Wäre da nicht seine Larifari-Einstellung gewesen, die er seiner Tochter vererbt hat.

Bereits als Kind liebte ich die Bewegung, den Sport. Ich probierte gerne Dinge aus und meine Eltern ließen mich machen. Egal, ob das bedeutete, dass ich heute Karate und morgen Ballett machen wollte, ob Tischtennis oder Kunstturnen. Selbst Kickboxen stand irgendwann auf meiner Agenda. Als mein damaliger Kickbox-Trainer, der sicherlich rund 200 Kilogramm auf 1,60m wog und aus dem Stand in einen Spagat springen konnte – ich frage mich immer noch, wie das anatomisch möglich war – aber sagte, ich müsse es schmerzmäßig aushalten, dass er seine kleinen dicken Beine mit voller Wucht gegen meine Rippen haut, während ich die Arme über dem Kopf halte, stieg ich aus dem Sport aus. Ich hatte ja glücklicherweise noch Mila und meinen Volleyball.

Die Begeisterung für den Sport kommt sicherlich von meinem Vater. Er hätte Profifußballer werden sollen, wurde sogar mit einem Angebot aus der Zweiten Liga aus dem damaligen Jugoslawien nach Deutschland gelockt, doch wie die Jugos damals so waren, trank er lieber mal nach dem Training ein Bier und rauchte die ein oder andere Zigarette und hing sowieso viel lieber mit Kumpels ab, als ernsthaft zu trainieren. Ich glaube fast, dass diese Art von Einstellung in großen Teilen symptomatisch ist für die dortige Bevölkerung, frei nach dem Motto: „Erst das Vergnügen, dann die Arbeit.“

Bis heute kenne ich einige Profi-Sportler vom Balkan, die beispielsweise in der Ersten Liga in Deutschland Handball spielen und nach dem Training erst mal eine schmökern. Ich verrate aber nicht wer. Mein Vater projizierte seine nicht erfüllte Sportkarriere daher auf mich und war von allem begeistert, was ich sportlich erreichte. Nur ein bisschen mehr Disziplin hätten meine Eltern mir auf den Weg mitgeben sollen – stattdessen machte ich zehn Sachen gleichzeitig statt nur eine richtig und das Feiern entdeckte ich auch irgendwann für mich. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm.

100 Paar Schuhe, aber nichts anzuziehen

Ich bin ein modebegeisterter Mensch und habe eine absolute Schwäche für Schuhe. Mein Schlafzimmer ähnelt eher einem Schuhladen, als einem Ort für ein Bett und Ruhe. Dabei schlafe ich besonders gut, wenn meine Schuhe in der Nähe sind. Seit meinem Kreuzbandriss kann ich jedoch mindestens 70 Prozent meiner Sammlung nicht tragen, weswegen ich so manch einen Abend in den vergangenen Wochen mit Sneakershopping am Computer verbrachte habe.

Schließlich werde ich noch die nächsten Monate etwas brauchen, womit ich meine Füße schmücken kann. Als ich also in den vergangenen vier Wochen fünf neue Paar Sneakers bestellte, musste ich an früher denken, als sich meine Eltern keine Markenklamotten und –schuhe für uns Kinder leisten konnten und wir häufig auf irgendwelchen Märkten in Sarajewo Kleidung einkauften. Ich weiß noch genau, wie mir einmal erst Wochen später in Deutschland auffiel, dass auf meinem vermeintlichen Adidas-Pulli „Adiads“ stand und das Nike-Zeichen meiner Schuhe verkehrt herum aufgenäht war. Naja, vielleicht ist es ja sonst keinem aufgefallen.

Den Humor nicht verlieren

Wenn ich in den vergangenen Wochen etwas gelernt habe – abgesehen vom neu erlernten Laufen – dann, dass es äußert wichtig ist, weiterhin viel zu lachen. Immer, wenn ich glaube, gleich durchzudrehen, versuche ich der Situation etwas Lustiges abzugewinnen. Das ist wichtig, um keine depressiven Züge zu verspüren. Denn der Winter in Berlin ist schon mit zwei gesunden Beinen nur schwer zu ertragen. Noch einfacher wird es, wenn man weiterhin guter Freunde um sich herum hat, die einen nicht vergessen, nur weil man sich so schlecht und wenig aus dem Haus bewegen kann.

Umso mehr freue ich mich somit über jede Postkarte und jedes Paket (siehe Foto), das bei mir Zuhause ankommt und mich zum Lachen bringt. Humor ist der einzige Weg, die nächsten Wochen zu überstehen. Und Spaß haben. Ich lasse trotz des Knies keine Party ausfallen – dazu müsste durchaus noch etwas mehr passieren. Als wir also in der vergangenen Woche eine Weihnachtsfeier von der Redaktion aus hatten, saß ich natürlich nicht unbeteiligt am Rand, sondern war mitten auf der Tanzfläche mit meinen Krücken anzutreffen. Das Gute an der ganzen Sache: Ich konnte immer behaupten, dass ich normalerweise viel besser tanzen könnte, fast schon beeindruckend gut wie Beyoncé. Dass das natürlich nicht einmal ansatzweise stimmt, ist klar.

Im nächsten Beitrag: Endlich wieder pumpen.

 

[hr gap=“3″]

Sämtliche Beiträge aus Deana Mrkajas Tagebuch des Kreuzbandrisses finden Sie hier.