Zig-Millionen-Dollar-Skulpturen und Mad-Max-Hölle auf wenigen Quadratmeilen. L.A. Chronicles VII

Im „Broad“, im hochgeschossenen Stadtzentrum des flachen Häusermeers von Los Angeles, gibt es Skulpturen des Künstlers Jeff Koons. Eine, „Tulpen“, wurde in einer Form schon mal für rund 34 Millionen Dollar verkauft. Es sind grellbunte, runde Gebilde aus poliertem Stahl.

In den Ausstellungsräumen und Lagerhallen, die Eli und Edythe Broad mit rund 2000 Werken vollgepackt haben, gibt es noch viel weiteres Zeitgenössisches, das die Millionenmarke locker sprengt. Roy Lichtensteins Comic-Bilder (für seine „Krankenschwester“ gab es mal 95 Millionen Dollar), eine Joseph-Beuys-Kollektion samt Filzanzug. Oder träumerische Werke des Japaners Takashi Murakami, die teils an traditionelle japanische Bilder angelehnt sind. Die Sammlung der Broads taxieren Fachleute auf 2,2 Milliarden Dollar.

Eli kam als Sohn litauisch-jüdischer Einwanderer in New York zur Welt und hat es mit harter Arbeit zum siebenfachen Milliardär gebracht. Jetzt gibt er zurück, der Eintritt ist frei und er und seine Frau wollen nach ihrem Tod 75 Prozent ihres Vermögens spenden.

Mad-Max-Hölle

Vielleicht zwei Meilen weiter ist da ein anderes Amerika. Ein Amerika, das an eine Dystopie, an eine wahrgewordene Mad-Max-Hölle erinnert. Die Bewohner dieser Hölle laufen tagsüber wie lebende Tote durch die Hochhäuserschluchten von Downtown. Manche weiß, viele schwarz.

Viele von ihnen sprechen mit sich selbst, das Hab und Gut immer bei sich in Einkaufstüten oder Rollkoffern. Die paar abgewetzten Dollars auch. Ein alter Mann, pinke Socken, schwarz und ohne Zähne um die 65, kauft sich in einem Drogeriemarkt etwas zu essen.

Der Speichel läuft ihm aus dem Mund, er mümmelt konstant Worte. Er braucht lange, um die paar Dollar aus seiner Hose zu pulen. Er bräuchte Hilfe.

Nachts laufen sie dann zur Skid Row am Rande der Hochhäuser. Hier sind die Bürgersteige ganzer Straßenzüge zu abgewrackten Zeltstädten geworden. Ein alter Mann fegt den Bürgersteig vor seinem Zelt wohl im Bemühen, etwas Ordnung in den Irrsinn zu bringen.

Wenn die Sonne untergeht, kann es hier brutal werden. Manche der Frauen haben blau geschlagene Gesichter.

Die Menschen leben an der Skid Row in einer Armut, die es in Deutschland so nicht gibt. Und wohl auch in kaum einem europäischen Land. Nicht mal im philippinischen Manila, wo Hunderttausende in Slumstädten leben, ist das Elend so bitter. Dort wohnen ganze Familien in mühsam zusammengezimmerten Holzschrott-Behausungen, es gibt Kirchen, eine Zivilgesellschaft. Hier ist der Abgrund.

Es ist ein Gemeinplatz, dass in den USA die Schere zwischen arm und reich besonders weit ist. Aber extremer als in Downtown L.A. geht es wohl kaum.