Eine weitere österreichische Lösung. Nach der rauchschwadenartig verschwommenen Verordnung, wer jetzt wann und wo wirklich rauchen darf – auch wenn 900.000 Österreicher für Totalverbot stimmten. Von Elisabeth Hewson

Was war das doch schön in der noch recht kürzlichen Vergangenheit, als man Menschen aufsuchen konnte, ohne bei ihnen anzurufen und zu fragen, wie denn die Türnummer sei. Denn da standen noch richtige Namen an den Türschildern, es genügte, sich das Haus zu merken, um die richtige Klingel drücken zu können. Irgendwann stand hie und da „Top XY“ an den Klingeln, und da fragte ich mich, ahnungslos und naiv, warum denn auch Parterrewohnung plötzlich „Top“, also oben waren. Irgendwas hatte ich wohl nicht begriffen. Auch die nach einigem Grübeln gefundene Erklärung, dass diese Bezeichnungen von viven Immobilienhändlern gewählt worden sein mussten, die die Wohnungen als „Top-Lage“ angepreist haben könnten, musste verworfen werden, als selbst alteingesessene Wohnungsbesitzer plötzlich „Top 28“ hießen.

Und jetzt weiß ich es! Datenschutz! Österreich ist Vorreiter! Auch in der ganzen EU sollen diese verräterischen Familiennamen abgeschafft werden. Ein Mieter hatte sich beschwert – was immer ihn dazu getrieben hat, kann man nur rätseln. Eifersucht? CIA, FBI? KGB? Und schon freuten sich die Beamten: Jawoll, das ist doch DSGVO-widrig! Namensveröffentlichung ohne Zustimmung kann laut DatenSchutzGrundVerOrdnung pro intimes Namensschildchen bei Klage etwa 1000 Euro kosten!

„Nullsummenspiel“

Denn was kann denn so alles passieren, wenn jemand den Namen Pschistratschek am Hauseingang für die Öffentlichkeit preisgibt! Leider weiß ich nicht, was bisher schon alles aus diesen sorglosen Gründen passiert ist, aber die Geheimdienste dieser Welt und die aktuelle Österreichische Regierung, die ja gerade in Fragen Angst und Schrecken viele Experten zu haben scheint, haben sicher unzählige grässliche, unvorstellbare Verbrechen zu diesem Thema in ihren Archiven –  zumindest in Österreich meist mit Migrationshintergrund, vermute ich einmal, vom bisherigen Fokus der neuen Ministerien ausgehend. Allein in Wien werden 220.000 Gemeindebau-Namensschilder ausgetauscht gegen Top?? Was seltsamerweise hier nichts zu kosten scheint, angeblich „ein Nullsummenspiel“ ist, was immer das heißt: Weil man die Strafen nicht zahlen muss, sich 1000 Euro pro Schild erspart, die man also investieren kann? Nein, es würde pro Wohnung nur 1,50 kosten, wird man informiert, der Ausdruck „Nullsummenspiel“ noch einmal und ausdrücklich wiederholt. Für mich heißt das immer noch 330.000 Euro, aber was soll’s, man muss Opfer bringen für die Namenslosigkeit.

Dafür hat die böse Brut, der unwirsche Untäter, der fiese Falott seit einiger Zeit andere Möglichkeiten, sich der Geheimnisse seiner Mitmenschen zu bedienen: Er greift geschmeidig in die (seit einiger Zeit die gut zu verschließenden Postkästen ersetzt habenden) Brieffächer, deren Deckel aufzuklappen und hineinzugreifen kein Problem für eine mittelgroße Hand darstellt, und holt sich vom Nachbarn, was er so braucht an Zeitschriften, Briefen, Anweisungen, Arztinfos, Medikamentenverschreibungen, Gutscheinen, Liebesbeschwörungen etc. Aber das macht ja nichts, das bleibt ja im Haus. Wenn sich nicht gerade einer dieser lauernden Leichtfüße in das Haus schwindelt. Und das passiert ja nie, denn niemand öffnet, wenn Unbekannt bei ihm klingelt. Und die natürlich staatlich beurkundeten, in Wahrhaftigkeit ausgebildeten, vom Geheimdienst strengstens geprüften Postwurfsendungsverteiler hüten ihre alles öffnenden Generalschlüssel bekanntlich wie ihre Augäpfel.

Unsere Gastautorin Elisabeth Hewson wechselte nach längerer Werbekarriere als Texterin und Creativ-Direktorin zur Gegenseite über und brachte ein Konsumentenmagazin heraus, nebenbei schrieb sie als Intendantin der Wiener Kinderoper im Konzerthaus Musical-Libretti. Sie lebte in London und im (für Wiener höchst ungemütlichen) Tirol, arbeitete dort für den ORF, nach Wien zurückgekehrt als freie Reisejournalistin für einige Österreichische Tageszeitungen. Auch etliche Bücher sind erschienen, querbeet von Gesundheits- und Kulinarik- bis Kulturthemen. Das aktuellste ist das „Bio Ketzer Buch“. Sie ist Mitglied bei den „Skeptikern“ und unterstützt sie beim Kampf gegen Humbug, von Homöopathie bis Rudolf Steiner.