Essen mit Ellen (14): Nie wieder Frühstücksbuffet!
Wenn die Pandemie überstanden ist, wird wohl fast alles wieder so sein wie vorher. Auf die Rückkehr des Frühstücksbuffets können wir allerdings sehr gut verzichten. Sieben Gründe, die für das Ende der unwürdigen Massenspeisung sprechen.
„Nichts wird nach Corona mehr so sein wie davor“, raunten Zukunftsforscher und Publizisten zu Beginn der Krise. Das war natürlich Nonsens. Langsam kehrt das Gewohnte wieder, auch in der Gastronomie. Ein paar Corona-bedingte Änderungen würde ich allerdings gern beibehalten. In Hotels wird das Frühstück beispielsweise gerade entweder am Tisch serviert oder aufs Zimmer gebracht. Wunderbar! Ich glaube, das Frühstücksbuffet alten Stils kam eher den Bedürfnissen der Hoteliers als den Wünschen der Gäste entgegen. Hier die sieben größten Ärgernisse eines Hotel-Klassikers:
Der Zimmernummer-Zerberus. Steht in teuren Hotels an einem Pult und sagt immerhin Guten Morgen. In weniger gediegenen Häusern kommt er grußlos wie ein Kettenhund um die Ecke. Alle haben sie nur ein Begehr: „Ihre Zimmernummer!“ Und zwar zackig! Ich verstehe, dass man nur solche Leute verköstigen möchte, die dafür bezahlt haben. Trotzdem könnte man es ruhiger angehen. Bei Menschen, die gerade mit ihren Schälchen und Tellern und Kännchen einen Tisch ergattert und sich hingesetzt haben, besteht keine Fluchtgefahr.
Das Birnen-Komp(l)ott. Eingeweckte Birnen, Zwetschgen und Aprikosen standen bei Oma im Kellerregal. Keine Ahnung, weshalb diese Spätform der Subsistenzwirtschaft ausgerechnet beim Frühstückbüffet überlebt hat. Wer isst eingemachtes Obst, wenn er frisches haben kann? Vor dem Birnen-Komplott gibt es kein Entrinnen, nirgendwo auf der Welt. Mir unvergessen: Eingeweckte Birnen in einem Luxus-Ressort auf Tahiti. Rings um die Terrasse hingen Mangos und Papayas an den Bäumen, und auf dem Nachbargrundstück knatterte ein Mini-Trecker durch eine Ananas-Plantage.
Saftgläschen aus Liliput. Hier muss ich immer an die Biene Maja denken. Wie emsig Maja, Willi und die anderen Filmbienen den Nektar sammeln, den sie in putzige kleine Gefäße füllen, die wiederum mühselig in den Bienenstock zu fliegen sind. Warum haben die Saftgläser fast immer Liliput-Format? Die Folgen sind bekannt: Gäste hängen wie Verdurstende am Safthahn, litern stehend und gegen jede Kinderstube Flüssigkeit hinunter, bevor sie ihr randvolles Glas an den Tisch balancieren. Wer Kater-Durst hat, wird zum Safthamstern gezwungen. Unwürdig.
Frühstücks-Offiziere. Sind in kleinen Hotels identisch mit dem Zimmernummer-Zerberus. In großen Häusern erlebt man schon in der Früh ganze Geschwader missgelaunter Mitarbeiter. Mein vorläufiges Highlight: Eine bitterböse Babuschka, die in einem Moskauer Hotel über einen mächtigen Honigtopf aus Keramik wachte. Der war einem Bienenstock nachempfunden und hatte einen Zapfhahn. Wer den Hahn nach Gebrauch nicht richtig zudrehte, bekam was zu hören.
Hasch mich, ich bin ein Butterflöckchen. An Kindergeburtstage erinnert mich das Angeln nach Butterflöckchen, die in einem Kübel mit Eiswasser schwimmen. Kindern gibt man Äpfel ins Wasser, die müssen sie anbeißen, Hände auf dem Rücken. Im Hotel darf man beide Hände und eine Gabel einsetzen. Aber es gibt Leute, die morgens so grobmotorisch sind, dass ihnen selbst das nicht leicht gelingt. Ich zum Beispiel. Habe ich mir endlich ein Flöckchen geangelt, stört mich das anhaftende Wasser auf meiner Semmel. Zugegeben: Das ist etwas spleenig. Doch was spricht gegen einen eisgekühlten Butterblock, von dem sich jeder mittels eines Buttermessers abschneiden kann?
Zeitungs-Diät.Zeitungen sind im Frühstücksraum zuverlässig Mangelware. Eine Ausnahme bilden Provinzhotels, die ihren Kleinottersloher Anzeiger parat halten. Was hindert Häuser daran, ausreichend viele Exemplare der überregionalen Presse auszulegen? Offenbar wissen die Hoteliers nicht, wie schlecht es den Verlagen geht. Die tun fast alles, um mit Freiexemplaren die Auflage nach oben zu puschen. Zumal, wenn die Begünstigten „Entscheider“ sind. Und Entscheider sind wir an einem „reichhaltigen Frühstücksbuffet“ doch alle.
Last, but not least: Last. James Last mag privat ein wunderbarer Mensch gewesen sein. Als Künstler fand ich ihn immer schwierig. Das Gleiche gilt für Bert Kaempfert und alle anderen anonym Schaffenden, die Fahrstuhlmusik produzieren. Easy ist für mich am Morgen gar nichts, auch kein Easy Listening. Ich höre abends gern Jazz, morgens ist er mir zu unruhig, da bevorzuge ich Klassik. Jeder hat andere Vorlieben, viele empfinden das Gedudel beim Frühstück als akustische Umweltverschmutzung. Es gibt eine Lösung: Gar keine Musik. Wer die Stille nicht erträgt, soll sich mit seinem Tischnachbarn unterhalten.
PS: Entschuldigen für meine Meckerei und bedanken möchte ich mich bei den vielen liebenswürdigen Hotel-Menschen, die mir als reisende Journalistin in allen Erdteilen und zu fast allen Tages- und Nachtzeiten ein schmackhaftes Frühstück zubereitet haben. Wäre ich eine Fee, würde ich diesen dienstbaren Geistern ein besseres Gehalt zaubern, denn sie hätten es verdient. Mein besonderer Dank gilt dem Mann in Port Fairy in Australien, der mir um sechs Uhr morgens Ortszeit das beste Omelette meines Lebens briet und taktvoll darüber hinweg schwieg, dass ich mich mit der Zeitumstellung vertan und das von ihm liebevoll arrangierte Büffet noch gar nicht geöffnet hatte. Dass meine Uhr drei Stunden vorging, bemerkte ich erst beim Rausgehen.