Mahmud Abbas hat kein Interesse daran, dass die Siedlungen aus dem Westjordanland verschwinden. Denn das könnte sein Ende bedeuten.

In Paris haben sich letzte Woche Vertreter von über 70 Nationen zusammengefunden, um für Israelis und Palästinenser zu entscheiden, was gut für sie ist. Dummerweise war von beiden betroffenen Parteien niemand anwesend. Die gesamte Veranstaltung war eine Farce und die Zeit, die vielen Flugkilometer und die tausenden Artikel und Schriftstücke, die darüber geschrieben wurden, nicht wert. Genau wie dieser. Daher schreibe ich lieber über die Situation hier in Israel vor Ort, weit weg von Paris.

Mahmud Abbas ist der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde. Er hat sich vor ziemlich genau zwölf Jahren am 9. Januar 2005 wählen lassen und hat diese Wahl beinahe gegen die unerwartet starke Hamas verloren. Das war deutlich zu knapp für ihn und führte zum Verlust der Kontrolle über den Gazastreifen. Daher wollte es Abbas tunlichst nicht wieder darauf ankommen lassen und hat alle folgende Wahlen, die erste war bereits für 2009 angesetzt, auf unbestimmte Zeit verschoben.

Terror als Geschäftsmodell

Dummerweise für ihn hatten sich die Israelis 2005 dazu entschlossen, den Gazastreifen unilateral zu räumen. Alle israelischen militärischen und zivilen Einrichtungen, Ortschaften, Gebäude, Synagogen und Landwirtschaftsbetriebe in Gaza wurden geschlossen und alle jüdischen Einwohner zwangsumgesiedelt. Das so entstandene Machtvakuum füllte mit eiserner Islamistenfaust die Hamas aus und vertrieb nun auch noch die Fatah und ihre Anhänger aus Gaza. Sie baute den Küstenstreifen seit dem zu einem islamistischen Staatsgebilde aus, das die eigene Bevölkerung unterdrückt, Raketen auf Israel schießt und Tunnel buddelt, um Waffen, Güter und Kämpfer in und aus den beiden angrenzenden Staaten Israel und Ägypten zu schmuggeln. Khaled Mashal ist als Anführer der Hamas einer der reichsten Terrorfürsten überhaupt auf dieser Welt. Er verdient gut an Hilfsgeldern, Tunnelzöllen, Steuern und willkürlicher Erpressung. Sein Geschäftsmodell basiert auf dem andauernden Konflikt mit Israel, daher muss dieser auch regelmäßig mit wohldosiertem Raketenbeschuss knapp unter der absoluten Schmerzgrenze Israels am Leben gehalten werden.

Auch Abbas lebt gut in seiner Position als irgend-wann-mal-gewählter Präsident und falscher Widerstandskämpfer gegen das böse Israel und die Besatzung. Auch er kassiert wie die Hamas für jeden Nachkommen eines palästinensischen Flüchtlings aus einem Krieg, der nunmehr fast 70 Jahre her ist, monatlich von der internationalen Gemeinschaft ein hübsches Sümchen von etwa 440 US-Dollar, selbst wenn dieser Flüchtling etwa in Israel mit Pass und in Lohn und Brot lebt. Die UN-Organisation UNRWA verteilt das Geld, das an erster und zweiter Stelle aus den öffentlichen Kassen der USA und der EU stammt. Zusätzlich steuern noch einzelne EU-Staaten, allen voran Großbritannien und Deutschland große Summen bei und auch die Schweiz lässt sich mit fast 25 Millionen US-Dollar aus Steuergeld alleine im Jahr 2015 nicht lumpen. Dabei ist die UNRWA erwiesenermaßen ein korrupter Haufen und Kollaborateur der Hamas und Fatah. Von dem Geld kommen bei bedürftigen Familien, die auf Grund des Konfliktes in Not geraten sind, laut eines Berichtes von „Al Jazeera“ gerade mal etwas über 70 US-Dollar alle drei Monate an, während sich vor allem ausländische UNRWA Mitarbeiter üblicherweise ein Monatsgehalt von etwa 15.000 US-Dollar gönnen.

Abbas liebt die Juden

Angenommen, der Konflikt wäre morgen beigelegt. Angenommen, Israel und die Palästinenser einigten sich morgen in allen strittigen Fragen und die israelische Militärpräsenz in den Gebieten wäre zu Ende genau wie alle Raketenangriffe und Attentate. Dann wären die Macht und das Geschäftsmodell der Hamas und Fatah zerstört. Spenden und UNRWA wären nicht mehr nötig, die Wirtschaft würde florieren, der Handel mit den Nachbarländern explodieren und der daraus resultierende steigende Wohlstand für ein gutes Leben sorgen. Dann braucht man keine Terrorgruppen mehr, die einen Feind produzieren, dem man die Schuld am eigenen Unglück geben kann.

Nennt mich verrückt, aber ich glaube, dass zumindest Abbas nicht nur kein Antisemit ist, er liebt insgeheim die Juden und Israelis. Ich glaube ernsthaft, dass er, als er letztes Jahr auf der Beerdigung von Shimon Peres erschien, tatsächlich um einen politischen Weggefährten getrauert hat. Peres hat immer an den Frieden geglaubt und sein ganzes Leben unermüdlich an ihm gearbeitet. Aber in Wirklichkeit hat er dadurch wohl unfreiwillig mitgeholfen, den Konflikt zu managen und in die Länge zu ziehen. Ganz im Sinne von Abbas.

Konfliktmanagement

Aber auch im Sinne Israels. Die Situation ist aktuell zwar unangenehm und es sterben immer noch zu viele Menschen, wie etwa bei dem niederträchtigen Attentat in Jerusalem, bei dem vier junge Menschen ums Leben kamen. Aber verglichen mit der Zeit vor dem Bau der Schutzmauer, sind die Zeiten geradezu paradiesisch ruhig. Außerdem funktioniert die Zusammenarbeit zwischen israelischen Sicherheitsbehörden und der PA-Polizei hervorragend. Das gibt die Fatah natürlich ungern zu, aber es ist so: Sucht die Israelische Polizei einen Attentäter oder Verbrecher, der sich in den Autonomiegebieten befindet, dann sucht die PA ihn und liefert ihn ohne großes Aufsehen aus.

Die Frage, wie Israel mit den Siedlungen in Judäa und Samaria (Westjordanland) umgeht, muss auch nicht endgültig geklärt werden, so lange der Konflikt schwelt. Diese Frage teilt das Land und keine israelische Regierung würde eine Entscheidung, egal in welche Richtung, überleben. Daher hat auch die Israelische Regierung kein kurzfristiges Interesse an einer Lösung.

Friedenshindernis UNRWA

Dabei wären im Falle eines Friedens die Siedlungen kein Problem. Denn nur der Unfrieden macht sie zu einem. Und wenn Israel sie unilateral aufgeben würde, wie damals im Jahre 2005 im Gazastreifen, müsste die Fatah im wahrsten Sinne des Wortes andere Geschütze auffahren, um den Konflikt lebendig und sich selbst an der Macht zu halten. Genau so, wie es im Gazastreifen passiert. Die Siedlungen sind also ein Paradoxon wie Schrödingers Katze: Friedenshindernis und Friedensgarant zugleich. Und für letzteres sollten sie den Friedensnobelpreis erhalten. Obama hat ihn schließlich auch bekommen, ohne überhaupt irgend einen Frieden irgendwo zu bringen.

Nur wir Bewohner dieses schönen Landes, sowohl die jüdischen als auch die arabischen, wir wollen nicht ewig warten müssen, dass hier endlich ein echter Frieden herrscht und wir und unsere Kinder nicht mehr sterben müssen. Wir Israelis können eine neue Regierung demokratische wählen, die dann vielleicht in der Lage ist, Frieden zu bringen. Die Palästinenser haben diese Möglichkeit nicht. Die Macht ihrer Herrscher wird durch das Geld der UNRWA Jahr für Jahr weiter zementiert. Die UNRWA ist daher das wahre Friedenshindernis hier, nicht die Siedlungen im Westjordanland.

 

Eliyah Havemann ist aus Deutschland nach Israel ausgewandert, Computerexperte und hat das Buch „Wie werde ich Jude? Und wenn ja, warum?“ verfasst.