Wir können den Klimawandel leugnen, ihn bagatellisieren oder verdrängen. Doch gegen Fakten lässt sich nicht wirklich argumentieren. Wir werden uns mit dem Klimawandel auseinandersetzen müssen. Fragt sich nur, wie.

Das wird einigen Lesern möglicherweise nicht gefallen: Der weitgehend vom Menschen verursachte Treibhauseffekt, medienkompatibel „Klimawandel“ genannt, ist tatsächlich real. Und das schon seit vielen, vielen Jahren und obwohl nur zehntausende angesehene Wissenschaftler rund um den Globus diese Tatsache immer wieder anhand aktualisierter Untersuchungen bestätigen. Es wird im Ganzen wärmer, es wird heißer, es wird ungemütlich. Und es stecken keine Aliens dahinter, die, wie in der 60er-Jahre-Kultserie Raumpatrouille Orion eine Sonne aufheizen, um den eigenen Planeten auf Kosten anderer wohnlicher zu machen. Der Treibhauseffekt ist weitgehend menschengemacht – von den einen Menschen mehr, von den anderen Menschen weniger.

Zwei Dinge haben sich aber in der nun gut dreißig Jahre währenden Diskussion um die Klimaerwärmung und ihre Folgen nicht verändert: dass, erstens, selbst aufgeklärte Menschen den Klimawandel immer noch bagatellisieren bzw. in Frage stellen; und dass, zweitens, teilweise immer noch mit Inbrunst behauptet wird, es gäbe eine einfache und schnell wirksame Lösung für das Problem: nämlich die schlagartige Umwandlung unserer Lebens- bzw. Verhaltensweise.

TROLLE UND ALLERGIKER

Wenn man genau hinschaut, dann sieht man bei den Personen, die einen menschengemachten Treibhauseffekt bezweifeln, einerseits jene notorischen Trolle, die immer dem widersprechen, was sie als „Mainstream“ ausgemacht haben. Wenn sie darin einen Nutzen sähen, dann würden sie auch behaupten, dass Wasser nicht nass macht und dass hinter diesen „Fake News“ vom nassmachenden Wasser George Soros stünde. Andererseits gibt es auch jene Menschen, die den Klimawandel anzweifeln, weil ihnen die Überbringer der schlechten Nachrichten nicht passen, ihren fast hysterischen und ununterbrochenen Alarm-Ton, der immerzu mit bestimmten Forderungen verbunden wird und Sätze liebt, die mit „Wir müssen…“ beginnen und mit umfangreichen Verboten enden. Das ist dann also eher eine Art kulturelle und politische Allergie gegen den Typ der Weltuntergangspropheten mit ihrem Eisbären-Kitsch – die sind tatsächlich immer schwer auszuhalten, könnten aber recht haben. Dessen ungeachtet scheint es mir nie vernünftig und sinnvoll, einen brennenden Dachstuhl zu ignorieren, nur weil die „Feuer!“-Rufe ziemlich schrill daherkommen.

Es wäre schön, man würde diese „Allergiker“ dazu gewinnen, sich auch Gedanken darüber zu machen, wie man dem Klimawandel beikommen könnte. Denn wie die Homöopathie evidenzbasiert rausgeschmissenes Geld ist, so ist der Klimawandel – wie gesagt – evidenzbasiert wirklich. Alle ernstzunehmenden Berichte der vergangenen dreißig bis vierzig Jahre lassen keinen Zweifel daran, dass sich das Klima zu unserem Schaden schnell verändert – und dass wir diese Veränderung durch exzessive Kohlenstoffemissionen selbst herbeiführen. Auch wenn manche wissenschaftlichen Berechnungen nicht stimmten in all den Jahren und eilfertig vorausgesagte Ereignisse nicht eintrafen – der ganze große Trend ist doch nicht zu leugnen (und wurde schon Ende der 70er Jahre festgestellt, wie die New York Times in einer Reportage jüngst rekonstruierte). Das bestätigen einem nicht nur Meteorologen oder Glaziologen, sondern auch Winzer und Landwirte.

SUFFIZIENZ ODER EFFIZIENZ?

Nun zu der anderen Konstante in der Klimawandel-Diskussion der letzten Jahrzehnte: den Suffizienz-Predigern. Sie sind überzeugt, man könnte die Menschheit zu einem umfassenden Verzicht überreden, quasi zu einem freiwilligen Morgenthau-Plan mit Subsistenz-Wirtschaft von Washington bis Peking und von Lissabon bis Wladiwostok. Höflich gesagt: Das dürfte schwer werden, Menschen ihren Wohlstand auszureden, gleich ob sie ihn schon besitzen oder sich gerade mit viel Fleiß danach strecken. Jede vom Katheder – ob in der Universität, auf dem Kirchentag oder dem Parlament – herab gepredigte Suffizienzrevolution verpufft schon in dem Moment, wenn die Hände sich rühren zum Applaus. Und deshalb warten am Ende der Maßhalteideen: Verbote.

Es ist ein Lehrstück und eine Ironie zugleich, dass die Grünen die ersten Opfer dieser verfehlten politischen Suffizienzstrategie waren, nämlich 1990, als alle von Deutschland redeten und sie vom Wetter. Die Folge: Bei der Bundestagswahl blieben sie unter 5 Prozent. Es ist daher nicht der dümmste Gedanke, wenn heute die neue Führung der Grünen die ökologische Transformation der Wirtschaft auf ihre Fahnen schreibt.

Selbst ohne Klimawandel bleibt uns wegen der exzessiven Ressourcenausbeutung ohnehin keine andere Wahl, als eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Auch wenn das schwierig genug ist.

Es ist vor allem der technische und wissenschaftliche Fortschritt, der uns aus dem Schlamassel holen wird. Eine weitgehende Kohlenstoffenthaltsamkeit wird nur durch eine Effizienzrevolution erreichbar sein. Aber auch die braucht Zeit. Doch die kann genutzt werden – und zwar wie folgt:

Ein Umbau der Wirtschaft zu einer kohlenstoffarmen Ökonomie ließe sich durch die Verteuerung bzw. Besteuerung von CO2-Emissionen wirksam anstoßen. Der Ökonom William D. Nordhaus, der gerade den Wirtschaftsnobelpreis bekommen hat, konnte nachweisen, dass jede Tonne CO2negative Folgekosten von mindestens 20 bis 30 Dollar zeitigt. Sein Vorschlag daher: eine CO2-Steuer. Sie würde zur Reduzierung des Gases führen. Mein Vorschlag: Diese Steuer sollte den fast wirkungslosen europäischen Emissionshandel ablösen.

Ein weiterer Schritt, der sich zügig umsetzen ließe: eine Bindung des COdurch umfangreiche Aufforstungen. Selbst ein relativ waldreiches Land wie Deutschland hätte da noch Kapazitäten frei.

Und zuletzt: Wir kommen nicht um Resilienzmaßnahmen herum, also Investitionen, die die Widerstandsfähigkeit von Mensch und Natur erhöhen. Denn der Klimawandel findet ja schon statt und erfordert jetzt schon Veränderungen im Städtebau und in der Landwirtschaft, um Hitze- und Dürreperioden halbwegs unbeschadet überstehen zu können. Hier sind die reichen Länder in der Pflicht, ärmeren in einem seriösen Klimapakt zu helfen. Es gibt die Vereinbarungen ja schon; und es wird noch weitere, umfangreichere geben. Die Europäische Union könnte hier ruhig in Vorleistung gehen. Eine CO2-Steuer würde die nötigen Mittel zur Verfügung stellen.

Man braucht mit all dem eigentlich nur anfangen. Aber wir werden den Klimawandel auf die eine oder andere Art erleben.