Wenn es um ihre Herzensthemen geht, vergiften NGOs und Grüne mit brachialer Zuspitzung und Populismus das gesellschaftliche Klima. Die AfD erweist sich so nicht nur als größter Widersacher der Ökopartei, sondern auch als gelehriger Schüler.

Jetzt, wo sich der Feinstaub nach der gewaltigen Aufregung um die möglichen Fahrverbote in deutschen Innenstädten mal vorübergehend etwas gelegt hat, müssen wir leider nochmal über „Dieselgate“ sprechen. Und zwar nicht darüber, dass es nicht die ganz feine Art ist, wie die Autoindustrie ihre Kunden im Regen stehen lässt. Ältere Fahrzeuge nicht nachzurüsten und den Bestandskunden stattdessen Rabatt- und Prämienprogramme als Kaufanreize für Neuwagen anzubieten, ist schäbig und unwürdig. Auch nicht darüber, dass die „Deutsche Umwelthilfe“ ein Abmahnverein ist, der arglosen Auto-, Elektro-, und Küchenhändlern sogenannte „Testkäufer“ auf den Hals schickt und ihnen bei kleinsten Verstößen gegen die „Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung“ saftige Abmahnungen und Vertragsstrafen aufbrummt und diese Wegelagerei auch noch als „Verbraucherschutz“ deklariert. Und auch nicht darüber, dass dieser Verein Zuwendungen von Toyota bekommt, dem wichtigsten internationalen Konkurrenten von Volkswagen, Daimler und BMW. Das ist alles bekannt und kann alles mit etwas Zeit und Google nachgelesen werden.

Wir müssen über „Dieselgate“ als ein Phänomen sprechen, das nicht zufällig mitten in eine allgemeine Radikalisierung der Gesellschaft fällt. Der vermeintliche Skandal passt in eine Zeit, die durch „Lügenpresse“ brüllende PEGIDA-Demonstranten oder völkisch vergiftete Aschermittwochsreden von AfD-Funktionären geprägt wird. Sogar die Techniken, mit denen die Ökoradikalen operieren, sind ähnlich. Wie Scharfmacher in der Politik setzt auch die Nichtregierungsorganisation Umwelthilfe ohne jede Hemmung auf die Entgrenzung der Sprache. Die verbale Eskalation ist stets ein guter Marker für Radikalisierungen. Und man darf dem Chef der äußerst umtriebigen Umwelthilfe, Jürgen Resch, durchaus unterstellen, dass er weiß, was er tut, wenn er von „Menschenversuchen in unseren Städten“ spricht. Damit werden eindeutige Assoziationen nicht nur in Kauf genommen, sondern provoziert. Wer so spricht, will keine Debatte mehr führen, sondern aufhetzen. Besonders absurd wird die heiße Luft, die Jürgen Resch vor den Kameras produziert, dadurch, dass seit Beginn der Industrialisierung die Luft in deutschen Städten nie besser gewesen sein dürfte.

Populismus in Reinkultur

Die Radikalisierung der Umweltbewegung macht natürlich auch vor ihrem parlamentarischen Arm in Berlin keinen Halt. Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Oliver Krischer, sprach dort vor ein paar Wochen in einer Aktuellen Stunde von einem „Realexperiment mit 80 Millionen Menschen“ und behauptete, dass wegen des „Wegsehens der Bundesregierung Menschen erkranken und sterben“. Das ist Populismus in Reinkultur. Während die Grünen sich als aufrechte Kämpfer gegen die regelmäßigen Entgleisungen der AfD inszenieren, greifen sie bei den eigenen Herzensthemen gern zu denselben Mitteln wie die Extremisten von rechtsaußen. Auch auf einen Ausrutscher im Eifer des Redegefechts kann sich Krischer nicht berufen. Per Twitter ließ er seine Follower etwas später wissen: „Seit bald drei Jahren sitzt die Bundesregierung in bester Kumpanei mit Tricksern und Betrügern der Autoindustrie den Abgasskandal Dieselgate aus.“ Stellen Sie sich kurz vor, er hätte geschrieben: „Seit bald drei Jahren sitzt die Bundesregierung in bester Kumpanei mit Tricksern und Betrügern der Asylindustrie die Flüchtlingskrise aus.“ Was im einen Fall zutreffend als Populismus erkannt wird, gilt Grünen im anderen Fall als Aufklärung. Dazu muss man außerdem wissen, dass die Behauptung, es würden durch Stickstoffdioxid jährlich soundsoviele tausend Menschen sterben, zwar sportlich und beeindruckend klingt, wissenschaftlich jedoch nicht abgesichert ist. Mehr als PR steckt da nicht hinter.

Und damit sind wir bei der nächsten Parallele: Wie bei allen Radikalen, die das Land gerade mit ihren Angstkomplexen und Horrorvisionen volldröhnen, stehen Anlass und Grad der Empörung auch beim Thema „Dieselgate“ in keinem nachvollziehbaren Verhältnis zueinander. Während PEGDIA und AfD den Volkstod durch „Überfremdung“ an die Wand malen, prophezeien die Umwelthilfe und ihre Freunde von den Grünen dasselbe Kollektivschicksal durch Emissionen. Denn was mobilisiert die Massen? Angst, Angst und Angst. So kommt man in Parlamente und an Spendengeld.

Die Bundesrepublik verfügte mal über ein politisches System, das radikale Kräfte entweder integrierte oder so klein hielt, dass sie keine Gefahr wurden. So konnten sich weder die NPD, noch die Republikaner etablieren. Die Grünen traten ebenfalls an, um das System herauszufordern und wurden schnell ein konstitutives Element der politischen Landschaft. Das hat sehr lange sehr gut funktioniert. Dass die Ökopartei und eine ihrer Vorfeldorganisationen jetzt das Maß verlieren, sollte sie selbst am meisten erschrecken.

Ökoindustrieller Angstkomplex

Und wenn der ein oder andere Grüne gerade dabei sein sollte, einen Hauch Selbstkritik zuzulassen, kann er sich ja bei der Gelegenheit auch noch gleich fragen, ob die „Alternative für Deutschland“ vielleicht nicht nur der erbittertste Gegenspieler der Grünen dieser Tage ist, sondern womöglich auch ihr gelehrigster Schüler. Denn dass man aus Angst Stimmungen und Politik machen kann, hat nicht das Tandem AfD/PEGIDA herausgefunden und kultiviert. Mit den brachialen Kampagnen gegen Gentechnik und Freihandel, Pflanzenschutzmittel und Kernenergie hat der ökoindustrielle Angstkomplex Maßstäbe gesetzt und Erfolge gefeiert. Diese Methoden nutzen und adaptieren nun andere für ihre schmutzige Agenda. So erweisen sich jetzt einige Erfolge von damals als verdammt teuer erkauft. Spätestens mit dieser Erkenntnis sollte eins klar werden: Es gibt keinen Zweck, der Angst und Panikmache als Mittel der Politik heiligt.