Zum 150. Geburtstag des deutsch-jüdischen Nationalökonomen und Publizisten Moritz Julius Bonn wird dessen Autobiographie „So macht man Geschichte? Bilanz eines Lebens“ neu aufgelegt. Ein verblüffend aktuell gebliebener Augenöffner.

Der Name Moritz Julius Bonn sagt heute allenfalls noch Historikern etwas, die sich mit dem deutschen Kaiserreich und der Weimarer Republik befassen. Weshalb also die Autobiographie dieses Vergessenen, betitelt mit „So macht man Geschichte? Bilanz eines Lebens“, jetzt neu herausbringen? Vielleicht ja gerade deshalb: Weil das Vergessen jenes deutsch-jüdischen Nationalökonomen, Politikberaters, engagierten Demokraten und seinerzeit im In- und Ausland berühmten Publizisten auch etwas aussagt über den selbsternannten „Erinnerungsweltmeister Deutschland“, dessen Gedächtnis in Wirklichkeit ein recht löchriges ist. Und weil Moritz Julius Bonns Leben von 1873 bis 1965 währte und seine Anfang der fünfziger Jahre zuerst auf Englisch und sodann auf Deutsch erschienene Autobiographie von unzähligen dramatischen „Zeitenwenden“ zu erzählen weiß: analytisch profund, packend in den Details, vor allem aber geschrieben in einem kristallinen Stil, der an die Qualität der Aufzeichnungen Harry Graf Kesslers (eines anderen Solitärs und Kosmopoliten) erinnert und bis heute nichts von seiner Kraft eingebüßt hat.

Hineingeboren in eine wohlhabende, säkulare jüdische Familie in Frankfurt, konnte Bonn – was ein Novum war – bereits vor der Wende zum 20. Jahrhundert an der renommierten London School of Economics studieren und danach einen Forschungsschwerpunkt wählen, der seinerzeit nahezu revolutionär schien und ebenfalls bis in unsere Gegenwart aktuell geblieben ist: Die Praxis und ökonomische, aber auch ethisch-politische Problematik der Kolonisierung anhand des damals noch englisch dominierten Irlands. 1907 bereiste dann Bonn, inzwischen mit einer Engländerin verheiratet, Südafrika und das damalige „Deutsch-Südwest“, wo kurz zuvor der Ausrottungsfeldzug gegen die Herero stattgefunden hatte.

Von Beginn an gegen Heuchelei

Die meisten deutschen Siedler, so Bonns Resümee, gaben sich zwar entsetzt über General von Trotha, waren aber durchaus mitschuldig: Hatten sie bereits zuvor die Eingeborenen um Land betrogen, so sahen sie auch jetzt weiterhin keinen Grund, auf staatlichen Arbeitszwang zu verzichten, um ihre Farmen kostengünstig bewirtschaften zu lassen. Nur wenige Deutsche hatten diese Heuchelei benannt, darunter der katholische Präfekt in der Hauptstadt Windhuk. „Er stand turmhoch über seinen protestantischen Glaubensbrüdern, von denen die meisten der Barmer Mission angehörten. Diesen kleinbürgerlichen Spießern fiel der gelehrige Gehorsam leicht, den das deutsche Lutheranertum so oft gegen die Obrigkeit geübt hat; sie wagten es nicht, für die Rechte der Eingeborenen einzustehen, ja sie taten es nicht einmal für ihr eigenes Werk.“

Moritz Julius Bonn dagegen hatte sich damals sogar mit Jacobus Morenga getroffen, dem bis zu seinem gewaltsamen Tod im September 1907 charismatischsten Herero-Anführer – erst sieben Jahrzehnte später sollte mit Uwe Timms Roman „Morenga“ und Egon Günthers TV-Verfilmung dieser Name langsam wieder ins kollektive Gedächtnis zurückkehren.

Zu jener Zeit war Bonn, der trotz der Fürsprache seines Kollegen Max Weber aufgrund seiner jüdischen Herkunft im Kaiserreich keine Professur antreten konnte (später allerdings zum Gründungsdirektor der Münchner Handelsschule avancierte), zum wohl wortmächtigsten Kritiker des wilhelminischen Kolonialismus geworden. Als erzliberaler Freund freier Märkte und Gegner von Staatsmonopolen und Kartellen sah er neben dem zutiefst Unmoralischen der Kolonialstruktur auch deren ökonomische Sackgassen – durchaus auch relevant in unseren Tagen, wo sich ein berechtigter Antikolonialismus mitunter mit einem kaum reflektierten Antikapitalismus vermischt.

Wider die Kartelle

Während viele seiner Kollegen 1914 in Hurra-Patriotismus verfielen, lehrte Bonn stattdessen u.a. im kalifornischen Berkeley, gehörte dann nach Kriegsende zur deutschen Delegation in Versailles und setzte sich später in der Weimarer Republik als Mitbegründer der linksliberalen DDP unermüdlich ein für die soziale Flankierung einer Marktwirtschaft, die er sich ohne jene Kartelle insbesonders der reaktionären Schwerindustrie vorstellte. (Kein Zufall, dass von ihm geprägte jüngere Liberale wie Wilhelm Röpke und Alexander Rüstow nach dem Zweiten Weltkrieg zu den geistigen Gründungsvätern der bundesrepublikanischen Sozialen Marktwirtschaft wurden.)

Ein starres Modell verfocht Bonn, der fast alle Reichskanzler der Weimarer Republik persönlich kannte, dabei jedoch nicht: Machbarkeit komme vor Ideologie und selbst die temporär gewiss hilfreich staats-interventionistischen Ideen eines John Maynard Keynes (den er selbstverständlich ebenfalls persönlich kannte) dürften nicht zum Allheilmittel verklärt werden. „Sein früher Tod ist ein großes Unglück gewesen. Nur seine Autorität wäre imstande gewesen, die lärmende Sekte in Schach zu halten, die seine Theorien auf Verhältnisse anwandte, für die er sie nicht bestimmt hatte.“

Feind der Feinde des Parlamentarismus

Ebenso klar positioniert sich Bonn – lebenslang ein Gegner der Rechten und dann 1933 selbstverständlich sofort ins englische Exil gegangen – gegenüber den Anmaßungen einer sich revolutionär-avantgardistisch gebenden Linken, da deren hochfahrende Träume von „Rätediktatur“ eben nicht den Vorstellungen der realistischen Mehrheit der Arbeiter entsprochen hätten. Politisierenden Dichtern wie Ernst Toller warf Bonn noch im Nachhinein Naivität vor und kam zu einem durchaus harten Resümee: „Die Münchner Sowjetrepublik 1919 hat Ludendorffs Eintritt in die Politik ermöglicht. Sie hat die Atmosphäre geschaffen, in der sich Hitler zu einem Agitator entfalten konnte, der schließlich Deutschland und halb Europa beherrschte und beinahe vernichtete.“ Eindringlich beschreibt er die nihilistischen Freikorps („Sie empfanden keinen Abscheu vor Zerstörung und Vernichtung; sie brauchten sie, wie ein Morphiumsüchtiger das süße Gift benötigt, ohne das er nicht lebensfähig ist“) und geht gleichzeitig mit den linken „neuerungssüchtigen Intellektuellen“ ins Gericht, die das zarte Pflänzchen des Parlamentarismus verspotten oder gar zertreten wollen anstatt es zu schützen. Besonders ihnen und den Kommunisten wirft er vor, durch ihr Revoluzzertum die regierenden Sozialdemokraten in die Bredouille gebracht und dazu den alten Reaktionären Argumente und – schlimmer noch – neue Einflussmöglichkeiten verschafft zu haben. „Die Torheit der Kommunisten hatte die Regierung gezwungen, die militärische Autorität wieder herzustellen, die der Friedensvertrag ein für allemal beseitigen wollte. Die Regierung musste deren Vertreter zurückrufen, ohne sie für ihre früheren politischen Fehler zur Rechenschaft gezogen zu haben.“

Dieser von den Kommunisten mit verursachte Geburtsfehler der Weimarer Republik war in den Augen des Kreml jedoch geradezu ein Geschenk, und gegen Ende seines langen Lebens erinnert Moritz Julius Bonn noch einmal an Zusammenhänge, die bis heute wohl kaum in solcher Klarheit an den Schulen und Universitäten vermittelt werden. „Die Republik hätte unter Umständen einen Kampf nach zwei Seiten führen müssen, da man nie genau wusste, ob die Kommunisten ihr nicht in den Rücken fallen würden. Mit den deutschen Kommunisten ließen sich keine Abmachungen treffen, weil sie lediglich Marionetten waren, deren Drähte von Russland gezogen wurden. Die Russen waren sich der geistigen Verwandtschaft zwischen deutschen Kommunisten und deutschen Nazis wohl bewusst: ein paar Millionen Stimmen pendelten ständig von der einen Gruppe zu anderen. Sie hatten gegen einen Bürgerkrieg in Deutschland nichts einzuwenden: Er würde die Weimarer Republik und damit gleichzeitig das kapitalistische System untergraben. Sie hofften ja noch im Sommer 1939, als glücklich Überlebende aus einem europäischen Konflikt hervorzugehen, in dem sich die westlichen Mächte und die Nazis gegenseitig zerfleischen würden.“

„Primitiver puritanischer Pazifismus“

Im englischen Exil – Bonn lehrte von 1933-1938 an seiner alma mater, der London School of Economics – wurde er dann Zeuge davon, wohin die gesamtgesellschaftliche Gestimmtheit eines „Friedens um jeden Preis“ führte. „Hätte Großbritannien Hitler frühzeitig verwarnt, so hätte dieser zwar gewütet und getobt, aber er hätte seine Hörner eingezogen; damals konnte er nur bellen, nicht beißen.“ Stattdessen hatte man all die seit 1933 von Hitler begangenen Vertragsbrüche nicht als Eskalationsstrategie begriffen, sondern als „Einzelfälle“ missverstanden, die lediglich mit zahnlosen diplomatischen Protesten beantwortet wurden – und so den Gewaltherrscher noch ermutigten. Ab Herbst 1939 als Gastprofessor in den USA tätig, machte Bonn dort eine ähnliche Indifferenz aus und besah sich deren Wurzeln. „Ein primitiver, überalterter puritanischer Pazifismus war oft mit einem ähnlich primitiven Marxismus gepaart, der in den Vereinigten Staaten nach der russischen Revolution Eingang gefunden hatte. Auf die Arbeitermassen hatte er wenig Einfluss gewonnen, aber er passte ausgezeichnet zu der Stimmung der jüngeren akademischen Dozenten, die sich wirtschaftlich meist in recht unsicherer Lage befanden. Er lehrte sie, der Krieg sei das unvermeidliche Resultat der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, die neue Märkte durch Kriege gewinnen müsse, um überhaupt weiterleben zu können. Vermischte man also ein wenig Isolationismus mit einem guten Teil von sogenanntem Marxismus, dann konnte man die Weltgeschichte als einfachen und überzeugenden Prozess darstellen.“

Hinzu kam etwas Weiteres, das beim heutigen Lesen ebenso verblüffend aktuell anmutet: „Die Opposition sah in Präsident Roosevelt einen Verräter der eigenen Klasse und misstraute seiner politischen Lauterkeit. Ausländische Beobachter waren oft genug unangenehm berührt von den bösartigen Ausfällen auf das Staatsoberhaupt, die ihre republikanischen Freunde in ihrer Gegenwart machten.“

Bonns immense Wertschätzung für Roosevelts „New Deal“ und dessen Engagement in der Anti-Hitler-Koalition hielt ihn freilich nicht davon ab, in seinen Nachkriegs-Aufzeichnungen auch eine verhängnisvolle Naivität zu geißeln. (Wo hat man je – und zwar aus der Feder eines linksliberalen Emigranten – derart Präzises über jene Blindheit gelesen, die späterhin zwar vom hysterischen Senator McCarthy für seine eigene illiberale Agenda instrumentalisiert und grotesk überzeichnet worden war, aber eben dennoch tatsächlich existierte?)

„Weltfrieden“, der keiner war

„Die USA hatten zugelassen, dass Russland sich auf dem Kontinent eingegraben hatte, einen Schutzgürtel von unterwürfigen Staaten um sich legte und sich zwischen Oder und Elbe verschanzte. Zeitweilig schien die Politik der Vereinigten Staaten auf der Voraussetzung zu beruhen, dass Frieden mit Russland um beinahe jeden Preis den Weltfrieden sichere. Der Anti-Trust-Hass der amerikanischen Demokraten floss mit der russischen Doktrin zusammen, dass der Monopolkapitalismus der eigentliche Kriegstreiber sei.“ Bonns Kritik an einem solch eindimensionalen Weltbild erhält dabei auch dadurch Glaubwürdigkeit, da er ja selbst seit Weimarer Tagen ein erklärter Gegner von Kartellen war.

Vielleicht aber ist dieser klarsichtige Moritz Julius Bonn – ein antitotalitärer Liberaler mit großer Sympathie für eine reformerisch staatstragende Sozialdemokratie – inzwischen ja gerade auch deshalb in Vergessenheit geraten: Der kosmopolitisch-polyglotte Zeitzeuge, der nach 1945 in zahlreichen Publikationen für ein föderales Europa in einer starken transatlantischen Allianz plädierte, ließ sich weder für konservative noch pseudo-progressive Plattitüden-Produktion vereinnahmen. Anders als mit Amerika-Rückkehrern wie etwa Theodor W. Adorno war mit ihm auch keine vermeintlich all-erklärende kulturkritische Schule zu machen, bot er – im Unterschied zu Populär-Intellektuellen wie Herbert Marcuse – keine Slogans feil wie jene von der „repressiven Toleranz“ oder vom „eindimensionalen Menschen“.

Deutsche Vergesslichkeit und ihre Verhängnisse

So missverstand Bonn auch die entstehenden Strukturen der jungen Bundesrepublik keineswegs als „Restauration“ noch ließ er sich von Ehrungen einlullen. (Bundespräsident Theodor Heuss, den er bereits seit dessen Studentenzeit kannte, hatte ihm 1953 das Große Bundesverdienstkreuz verliehen, drei Jahre danach folgte die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin.) Seinem Diktum „Das deutsche Volk hat kein politisches Gedächtnis; es lässt sich immer leicht von betriebsamen Souffleuren dazu verleiten, das zu vergessen, was unbequem ist“ lässt er Fakten folgen, die tief im Historischen gründen. Was z.B. hatte die Deutschen im Jahr 1925 dazu gebracht, ausgerechnet den infamen Dolchstoßlegenden-Verbreiter Hindenburg als vermeintlichen Stabilitätsgaranten zum Präsidenten der Republik zu wählen? „Er hatte Lenin nach Russland spendiert und noch wenige Monate vor dem Zusammenbruch jeden Verständigungsfrieden sabotiert. Die deutsche Rechte, die es wagte, ihn als ‚Retter‘ kandidieren zu lassen, hat bewusst und erfolgreich auf diese Vergesslichkeit spekuliert.“

Ob und wie die Weimarer Republik gescheitert oder partiell erfolgreich war, ist für Bonn keine rein akademische Frage, sondern zielt auch in die Gegenwart – und zwar mitunter durchaus positiv. „Die Weimarer Republik hat zwei große Aufgaben gelöst. Sie hat dem politisch-konfessionellen Hader in Deutschland ein Ende bereitet, und sie hat die Sozialdemokratie zur führenden Staatspartei erzogen.“ Umso mehr ist dem überzeugten Transatlantiker 1953, im Erscheinungsjahr seiner Memoiren, eine SPD suspekt, die sich in der Opposition „als Trägerin eines pazifistischen Nationalismus gebärden kann“. Hinzu kommt das Großsprecherische der Wirtschaft: „In der gegenwärtigen Regierungskoalition tritt das Unternehmertum trotz seines völligen Versagens auf politischem Gebiet in der Vergangenheit mit wachsenden Ansprüchen auf ‚Führung‘ auf.“ Während die Nazizeit und eigene Verantwortlichkeiten kollektiv verdrängt werden, nimmt Bonn inmitten des Wiederaufbaueifers eine Art allgemeine „Überspannung“ wahr, „die nicht warten kann, bis die Früchte reifen, sondern das Bäumchen wieder und wieder schüttelt, bis sie fast ungenießbar abfallen“.

„Grobschlächtiger Materialismus und verstiegene Romantik“

Parteipolitische Konstellationen mögen kommen und gehen; verblüffend aber, wie vieles von Bonns Beobachtungen noch immer Gültigkeit beanspruchen kann. So etwa ein Satz wie dieser: „Der Wirklichkeitssinn, den die Deutschen im Wirtschaftsleben bekunden, scheint ihnen in der Politik zu fehlen, wo grobschlächtiger Materialismus und verstiegene Romantik sich oft genug verschmelzen.“ (Als hätte dieser 1873 geborene Beobachter die Rabulistik der Fossil-Lobby und die apokalyptische Hysterie der „Letzten Generation“ studiert, hätte harmonisierende „Russland-Versteher“ und rüde NordStream-II-Propagandisten kennengelernt. Als wäre er durch die gegenwärtigen AfD-Hochburg-Regionen gereist oder hätte salbadernde Steinmeier-Reden auf ihre fehlende Substanz hin abgeklopft.)

Nein, in solch ein Deutschland hatte Moritz Julius Bonn nicht zurückkehren wollen. 1965 hochbetagt in seiner Wahlheimat London verstorben, hatte er dennoch verfügt, dass seine Asche im Rathaus von Kronberg/Taunus beigesetzt wird, der früheren Villa seiner Familie. Man darf darüber spekulieren, welche politischen und ökonomischen Sackgassen, wie viele fatale Entscheidungen, leer drehende Debatten und ideologische Verhärtungen sich die deutsche Demokratie erspart hätte, wäre dieser integre Ausnahme-Intellektuelle eben keine Ausnahme geblieben.

Verdienstvolle Wiederentdeckung

Dem renommierten Ideenhistoriker Jens Hacke, der Bonns Autobiographie nun neu herausgegeben und mit einem kenntnisreichen Nachwort versehen hat, ist deshalb gar nicht genug für diese Wiederentdeckung zu danken. In seiner Beschreibung Bonns gelingt ihm überdies sogar eine Art Gegenwarts-Anleitung – und zwar ganz ohne Tremolo. „Moritz Julius Bonn wusste, dass der Liberalismus lediglich ein Set an Überzeugungen anbietet, die helfen können, neue Herausforderungen anzugehen. Doktrinäre Selbstgewissheit war ihm fremd, und er glaubte auch nicht, dass avancierte Theoriearbeit Weltprobleme lösen helfe. Er repräsentierte ein Freiheitsdenken, das problembewusst und erfahrungssensibel einen Sinn für die komplexen Bedürfnisse der modernen Gesellschaft besaß. Historisch gebildet und mit Gefühl für kulturelle Vielfalt wusste der Nationalökonom, dass nicht die Wirtschaft allein das Schicksal der Menschen bestimmt. Es galt, Minderheiten zu schützen, Benachteiligten Lebenschancen zu ermöglichen und eine Kultur der liberalen Demokratie zu stärken. Der liberale Skeptiker neigte nicht dazu, erreichte Fortschritte als garantiert und für alle Zeit gesichert anzusehen. Die Geschichte hatte ihn mit unvorhergesehenen Fortschrittsreaktionen ausreichend konfrontiert.“


Moritz Julius Bonn: So macht man Geschichte? Bilanz eines Lebens. Mit einem Nachwort von Jens Hacke. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2023, 434 S., geb., Euro 34,-